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Anlagentechnischer Brandschutz in Hochhäusern

Ära der Multifunktionalität

Quelle: Xinzheng/Moments via Getty Images
Quelle: Xinzheng/Moments via Getty Images
Auf einen Blick Für multifunktionale Gebäude gelten Sonderbauvorschriften, die anlagentechnische Lösungen zur Branderkennung und Alarmierung fordern

Die Pflicht zum Rauchmeldertausch gemäß DIN 14676-1 gilt sowohl für batteriebetriebene als auch für netzstromversorgte Geräte

Restaurantküchen überwachen geeignete Mehrfachsensormelder, die neben Rauch und Wärme auch Kohlenmonoxid (CO) detektieren
Nicht zuletzt müssen baurechtliche Vorgaben und die wirtschaftlichen Interessen der Gebäudebesitzer und Investoren unter einen Hut gebracht werden. Anlagentechnische Lösungen des Brandschutzes sollten Betreibern und Nutzern von multifunktionalen Gebäuden nicht nur Sicherheit, sondern darüberhinausgehende Mehrwerte bieten.

Bedeutung des Nutzungs­konzepts

In multifunktionalen Gebäuden – zumeist Hochhäuser – findet sich heutzutage ein mannigfaltiger Nutzungsmix (Bild 1). Teile desselben Gebäudes werden beispielsweise genutzt als Tiefgarage, Verkaufsstätten, Büros, Wohnungen, Restaurant oder als Hotel (Bild 2). Um den Anforderungen an ein solches Gebäude aus Sicht des Brandschutzes gerecht zu werden, ist das Nutzungskonzept von besonderer Bedeutung.
Bild 1: Beispiel zum Nutzungsmix in multifunktionalen Gebäuden
Bild 1: Beispiel zum Nutzungsmix in multifunktionalen Gebäuden
Das Nutzungskonzept ist eine der wichtigsten Grundlagen zur Erarbeitung des Brandschutzkonzeptes und des späteren Brandmelde- und Alarmierungskonzeptes. In das Brandmelde- und Alarmierungskonzept fließen neben den bauordnungsrechtlichen Vorgaben aus dem Brandschutzkonzept auch weitere Anforderungen an Brandmeldung und Alarmierung ein, zum Beispiel Versicherungsauflagen, architektonische Bedürfnisse oder Anforderungen der Feuerwehr.

Gesetze, Verordnungen, Schutzziele

Multifunktionale Gebäude werden bauordnungsrechtlich in der Regel als Sonderbau eingestuft. Damit gelten u. a. Sonderbauvorschriften, welche die Regelungen der jeweiligen Landesbauordnung ergänzen. Dazu gehören etwa die Hochhausrichtlinie, die Verkaufsstättenverordnung, die Versammlungsstättenverordnung oder die Beherbergungsstättenverordnung. Nahezu all diese Sonderbauvorschriften fordern anlagentechnische Lösungen zur Branderkennung und Alarmierung. Zudem sind auch alle weiteren Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) des jeweiligen Bundeslandes einzuhalten, beispielsweise die jeweils gültige Leitungsanlagenricht­linie (LAR).
Bild 2: Restaurants und Bars werden am besten mit Mehrfachsensormeldern überwacht
Bild 2: Restaurants und Bars werden am besten mit Mehrfachsensormeldern überwacht
Neben den bauordnungsrechtlichen Schutzzielen an den Brandschutz können sich weitere, privatrechtliche Schutzziele ergeben. Das sind zum einen Versicherungsauflagen, zum anderen zivilrechtliche und betriebswirtschaftliche Überlegungen wie die Verkehrssicherungspflicht, Produktionssicherheit, Arbeitsplatzsicherung oder der Sachwertschutz.

Für die Betreiber und Investoren von modernen Gebäudekomplexen ist es neben all diesen Faktoren jedoch auch wichtig, dass das Gebäude zweckgemäß und ohne Einschränkungen (u. a. für Instandhaltungszwecke) genutzt werden kann. Zudem besteht oft der Wunsch nach maximaler Flexibilität, etwa bei Nutzungsänderungen.

Die Anforderungen des Bauordnungsrechts hinsichtlich des anlagentechnischen Brandschutzes sind entsprechend komplex. Multifunktionale Gebäude erfordern Lösungen, die die bauordnungsrechtlichen Vorgaben in vollem Umfang erfüllen und auch den Erwartungen nach Wirtschaftlichkeit, Planungssicherheit und Zukunftsfähigkeit gerecht werden. Je nach Nutzungsweise der einzelnen Hochhaus-Segmente müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden.

Rauchwarnmelder für Wohnungen

Bild 3: Rauchwarnmelder mit Zehn-Jahres-Batterien sind eine Option für Wohnungen in Hochhäusern
Bild 3: Rauchwarnmelder mit Zehn-Jahres-Batterien sind eine Option für Wohnungen in Hochhäusern
Aufgrund der Vorgaben der Landesbauordnungen müssen Schlafzimmer, Kinderzimmer und Flure innerhalb von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden (Bild 3). Die Muster-Hochhaus-Richtlinie fordert darüber hinaus für Hochhäuser Rauchwarnmelder mit Netzstromversorgung. Rauchwarnmelder mit Zehn-Jahres-Batterie können hierfür als gleichwertige Lösung eingesetzt werden, da sie sich bezogen auf das Schutzziel nicht von solchen mit Netzstromversorgung unterscheiden. Dieser Aspekt wurde z.B. auch bei der Überarbeitung der Sonderbauverordnung in NRW berücksichtigt, die zum 15.11.2019 in Kraft tritt.

Die Tauschverpflichtung des Melders gemäß der gültigen Anwendungsnorm DIN 14676-1 gilt im Übrigen sowohl für netzstromversorgte als auch für batteriebetriebene Rauchwarnmelder. Funkvernetzte Rauchwarnmelder lassen sich inzwischen auch über zentrale Datenknoten miteinander vernetzen, so dass beispielsweise alle Alarm-, Status- und Störungsmeldungen der Funkteilnehmer auf mobilen Endgeräten empfangen werden können.

In multifunktionalen Gebäuden, in denen eine Brandmeldeanlage installiert wird, können punktförmige Rauchmelder mit inte­grierter Akustik eine sinnvolle Alternative zu Rauchwarnmeldern darstellen. Beim Einsatz solcher Systemmelder, die Detektion und Alarmierung in einem Gerät kombinieren, werden diese über die Ringleitung miteinander verbunden. Im Alarmfall wird über die Brandmelderzentrale eine Meldung an eine ständig besetzte Stelle innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel Pforte oder Empfang, weitergeleitet. Diese verifiziert den Alarm und ruft im Ernstfall nach der Alarmverifizierung die Feuerwehr. Gleichzeitig können aus der Brandmelderzentrale flexible Alarmierungsszenarien, bei Bedarf mit Einbindung einer Sprachalarmanlage und Brandfallsteuerungen, gestartet werden.

In vielen Landesbauordnungen wurde in den letzten Jahren die Forderung aus der Musterbauordnung übernommen, dass Wohnungsabschlüsse in notwendigen Treppenräumen dicht- und selbstschließend sein müssen. Allerdings kann diese baurechtliche Anforderung die Bedienung der Tür insbesondere für Menschen mit motorischen Einschränkungen oder für Rollstuhlnutzer erheblich erschweren.

In solchen Fällen empfiehlt die VDI 6008 (Ausführung von Türen und Toren in barrierefreien Lebensräumen) den Einbau von bauaufsichtlichen zugelassenen Feststellanlagen mit Freilauftürschließer oder mit Automation der Tür. Für solche Anwendungen bietet der Markt auch kompakte und designorientierte Lösungen, welche vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassen sind.

Wärmemelder in Garagen

Gemäß der Garagenverordnung (MGarVO) sind geschlossene Mittel- und Großgaragen mit einer Brandmeldeanlage auszustatten, wenn auch für die damit verbundenen Gebäude eine solche verlangt wird. Zur Überwachung solcher Garagen bieten sich linienförmige Wärmemelder an, die nach EN 54-22 geprüft und zugelassen sind. Sie weisen eine hohe Detektionssicherheit auf. Je nach eingesetztem Produkt können diese Melder sowohl vor Ort als auch aus der Ferne konfiguriert und analysiert werden.

Ansaugrauchmelder für Aufzugsschächte

Bild 4: Zur Überwachung von 
Aufzugsschächten eignen sich Ansaug­rauchmelder
Bild 4: Zur Überwachung von Aufzugsschächten eignen sich Ansaug­rauchmelder
Zur Überwachung von Aufzugsschächten eignen sich Ansaugrauchmelder (Bild 4). Nach EN 54-20 geprüfte Geräte verfügen über eine hohe Täuschungsalarmsicherheit und sind auch für geräuschsensible Umgebungen geeignet. Erforderliche Steuerungen, zum Beispiel für die Brandfallsteuerung des Aufzugs, können durch die Nutzung von Voralarmen frühzeitig und ohne Drittsysteme ausgelöst werden.

Die Montage der Auswerteeinheit außerhalb des Aufzugsschachtes lässt eine einfache und schnelle Instandhaltung zu – der Aufzug kann in Betrieb bleiben. Auch Ansaugrauchmelder können je nach eingesetztem Produkt sowohl vor Ort als auch aus der Ferne konfiguriert und analysiert werden.

Mehrfachmelder überwachen Küchenbereiche

Bei der Überwachung von Küchenbereichen in Restaurants oder Gaststätten kommt es beim Einsatz von Rauchmeldern häufig zu Täuschungsalarmen. Wärmemelder lösen dagegen oft zu spät aus, insbesondere wenn es beispielsweise außerhalb der Betriebszeiten zu einem Kurzschluss bei einem der Küchengeräte kommt.

In kleinen bis mittelgroßen Restaurant­küchen empfehlen sich daher Mehrfachsensormelder, die neben Rauch und Wärme auch Kohlenmonoxid (CO) detektieren können. Dank ihrer CO-Sensorik und intelligenter Algorithmen gehen sie weit über die Anforderungen an Rauchmelder (EN-54-7) und Wärmemelder (EN 54-5) hinaus und bieten eine frühzeitige und täuschungsalarmsichere Branderkennung. Während der Betriebszeiten der Küche empfiehlt sich der Betrieb nach EN 54-30 (Wärme und CO). Außerhalb der Betriebszeiten kann über eine Zeitsteuerung die Rauchdetektion nach EN 54-29 als unabhängiges zusätzliches Kriterium zugeschaltet werden.

Es gibt bereits seit einiger Zeit verschiedene Melder auf dem Markt, die die Normen EN 54-5, EN 54-7, EN 54-29, EN 54-26 und EN 54-30 ganzheitlich abdecken. Dies ermöglicht eine maximale Flexibilität bei Nutzungsänderungen. Durch die Möglichkeit, solche Melder – je nach eingesetztem Produkt – gleichzeitig unabhängig voneinander in unterschiedlichen Einstellungen zu betreiben, können Brände noch schneller erkannt und Täuschungsalarme vermieden werden.

Abhängig vom Typ der Brandmelderzentrale lassen sich die Teilnehmerdaten (zum Beispiel aktueller Kohlenmonoxid-Wert oder Temperatur) des Melders auch aus der Ferne auslesen.

Offenhalten brandschutz­relevanter Türen

Brandschutzrelevante Türen müssen bestimmungsgemäß geschlossen gehalten werden, um die Ausbreitung tödlicher Rauchgase über das gesamte Gebäude zu verhindern. Sie dürfen jedoch offengehalten werden, wenn sie mit einer bauaufsichtlich zugelassenen Feststellanlage ausgestattet sind.

Normalerweise sind Feststellanlagen autarke Systeme (FSA Typ 1). Zusätzlich zu autarken Feststellanlagen ist auch der Einsatz von Feststellanlagen vom Typ 2 möglich, die direkt mit bauaufsichtlich zugelassenen Komponenten einer Brandmeldeanlage errichtet werden. Klare und einheitliche Linien aus der Architektur lassen sich so auch bei den brandschutztechnischen Einrichtungen einhalten.

Sprachalarmierung im Gefahrenfall

In zahlreichen Sonderbauten werden Alarmierungsanlagen gefordert, die über die Möglichkeit verfügen, im Gefahrenfall Anweisungen an Personen zu erteilen. Gleichzeitig ergibt sich bei den unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes der Bedarf, flexible Beschallungssysteme zu nutzen.

Sprachalarmanlagen ermöglichen nicht nur im Gefahrenfall eine sichere Räumung, sondern auch die Weiterleitung wichtiger Durchsagen und Informationen im Normalbetrieb des Gebäudes. Auch Musikbeschallung ist möglich. Für höreingeschränkte Personen können induktive Höranlagen integriert werden. Zudem erlauben einige Systeme am Markt darüber hinaus auch die Steuerung von Uhrenanlagen.

Intelligente Vernetzung und Fernzugriff

Durch intelligente Vernetzung- und Remote-Konzepte für den Fernzugriff sind Modernisierungen und Instandhaltungsmaßnahmen fast ohne Beeinträchtigung des Betriebs möglich. Hekatron Brandschutz nutzt bei »Integral WAN« beispielsweise nicht nur proprietäre, sondern auch fremde Netze auf IP-Basis, um Brandmeldeanlagen mehrerer Standorte und unterschiedlicher Typen über IP-Technologie miteinander zu verbinden.

Der Hauptnutzen von »Integral WAN« ist die Einbeziehung vorhandener Netzwerke (Intranet, Internet) als Ergänzung zur normenkonformen Errichtung von exklusiven Netzwerken. Dabei können bis zu 254 Zen­tralen, auch verschiedener Generationen, problemlos miteinander verbunden werden. Dies ist besonders für große Gebäude und Areale geeignet, aber auch für verteilte Standorte. So ergibt sich für Anlagenbetreiber ein hohes Maß an Investitionssicherheit und Skalierbarkeit.

Bei Modernisierungen (beispielsweise aufgrund von Nutzungsänderungen) können Teile der Brandmeldeanlage flexibel wachsen oder sukzessive erneuert werden. Genauso wie bei der Instandhaltung bleiben dabei durch die Kombination mit dem Revisionsmodus der Brandmelderzentrale alle nicht direkt betroffenen Bereiche überwacht und sind weiterhin auf die Feuerwehr aufgeschaltet. Die Kosten für Brandwachen reduzieren sich somit deutlich.

Projektspezifische Planungs­unterstützung

Multifunktionale Gebäude stellen hinsichtlich des Brandschutzes hohe Anforderungen an Architekten, Fachplaner und Errichter. Nicht nur die passenden Produkte, sondern auch die persönliche, projektspezifische Beratung und Planungsunterstützung vor Ort ist eminent wichtig. Aus diesem Grund setzen einige Hersteller auf einen intensiven Austausch mit ihren Kunden und Partnern. Sie bieten Planern und Errichtern Dienstleistungen rund um das Thema Planen und viele digitale Tools, die die tägliche Arbeit erleichtern.

Ein Beispiel dafür ist ein Ausschreibungsassistent von Hekatron Brandschutz. Er führt Nutzer in wenigen Schritten zu einer vollständigen Ausschreibung sowohl für Brandmelde- und Sprachalarmanlagen als auch für Feststellanlagen und Rauchwarnmelder – und dies ohne detaillierte herstellerspezifische Produktkenntnisse. Dabei stellt der Assistent nicht nur die Ausschreibungstexte in den gängigen Formaten zur Verfügung, sondern vervollständigt die ­Ausschreibung unter anderem auch mit ­Produktbildern und technischer Dokumen­ta­tion.
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Über den Autor
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Bastian Nagel

Hekatron Vertriebs GmbH, Spezialist für Normen und Richtlinien

Über die Firma
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