Bastian Nagel: Bauordnungsrechtlich gesehen sind Sakralbauten in den meisten Fällen, beispielsweise aufgrund ihrer Gebäudehöhe oder der Personenanzahl, die dort Platz finden kann, als Sonderbauten einzustufen. Die Räume, die dem Gottesdienst gewidmet sind, fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich der Versammlungsstättenverordnung. Deshalb wird der gemäß Bauvorlagenverordnung geforderte Brandschutznachweis in der Regel über ein objektbezogenes Brandschutzkonzept erfolgen. Hier sind objektspezifische Konzepte und Lösungen gefordert.
Neben dem Bauordnungsrecht existieren aber auch in anderen Rechtsbereichen Regelungen, die auch Sakralbauten betreffen. So regelt zum Beispiel das Arbeitsstättenrecht den Schutz von Beschäftigten und Ehrenamtlichen. Auch müssen die Eigentümer der im BGB verankerten Verkehrssicherungspflicht nachkommen und sicherstellen, dass von ihrem Gebäude keine Gefahr für Besucher ausgeht.
Was bedeutet das für die Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen in Kirchen?
Schutzbedürftige Personengruppen wie beispielsweise Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung verkehren regelmäßig in Sakralbauten. Aufgrund des Sachwertschutzes können Versicherungsauflagen zu Anforderungen führen, die über die Vorgaben der Bauaufsicht hinausgehen. Es müssen also sehr viele Aspekte betrachtet werden, um individuelle Maßnahmenkonzepte zu erstellen.
Welche Empfehlungen würden Sie für den Brandschutz in Sakralgebäuden geben?
B. Nagel: Um sowohl dem Personen- als auch dem Sachwertschutz gerecht zu werden, sollten neben baulichen und organisatorischen Brandschutzmaßnahmen auch anlagentechnische Lösungen in das Gesamtkonzept eingebunden werden. Für eine frühzeitige Branderkennung und Alarmierung sehe ich eine Brandmeldeanlage mit einem durchdachten Alarmierungskonzept als notwendiges Minimum.
Wichtig bei der Planung ist, dass alle Beteiligten – Betreiber, Brandschutzplaner, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Versicherungsexperten etc. – zusammenarbeiten, um eine optimale Lösung zu finden. Das fordert auch die Norm DIN 14675-1 explizit für die Erstellung des Brandmelde- und Alarmierungskonzeptes.
Hinsichtlich der Alarmierung ist eine Sprachalarmanlage sehr zu empfehlen, da über diese im Falle einer Räumung oder Evakuierung klare Anweisungen gegeben werden können. Und das geht in mehreren Sprachen, so dass auch Besucher aus anderen Kulturkreisen, die mit einem reinen Alarmsignal vielleicht nicht viel anfangen können, sofort wissen, was zu tun ist. Das erachte ich insbesondere für Kirchen als sinnvoll, die viele Touristen und Besucher anziehen.
Ist abzusehen, dass es in Zukunft eine einheitliche Regelung für Sakralbauten geben wird?
B. Nagel: Da das Bauordnungsrecht Ländersache ist, könnte es sein, dass es zukünftig aufgrund der aktuellen Ereignisse in einzelnen Bundesländern Regelungen oder Empfehlungen gibt. Ein über die Argebau veröffentlichtes Musterdokument ist meinem Kenntnisstand nach nicht abzusehen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Kirchenverbände Merkblätter und Richtlinien erarbeiten, in denen Empfehlungen bezogen auf den Brandschutz zusammengefasst werden. Wünschenswert bei solchen Merkblättern wäre, dass sie neben den bauordnungsrechtlichen Anforderungen auch die angesprochenen Aspekte des Arbeitsstättenrechts sowie des Sachwert- und Denkmalschutzes berücksichtigen und den Brandschutz ganzheitlich betrachten.