Ganz Deutschland einen Crash-Kurs in Sachen Viren-Kunde absolviert. R-Wert, Verdopplungszahl, Infektiosität und viele weitere Begriffe sind in den Alltagsgebrauch eingesickert, wir haben Abstands- und Hygieneregeln gelernt, die meisten halten sich auch daran. Ob die Maßnahmen richtig, über- oder untertrieben waren, darüber lässt sich trefflich streiten, und ein Richtig oder Falsch gibt es nicht, es kommt wie so oft auf die Perspektive an.
Unabhängig davon sollte ein weiterer Crash-Kurs dem ersten in Sachen Virologie folgen: Grundlagen der Wirtschaft. Denn eines dürfte klar sein. Nicht heute, vielleicht auch noch nicht gleich morgen, aber irgendwann bekommen wir die Rechnung präsentiert.
Der Unternehmer im Handwerk weiß das. Zwar gibt es aktuell u. a. über die KfW deutlich einfacher als sonst die Möglichkeit, Kredite zu beantragen, etwa den »KfW-Unternehmerkredit 037«, bei dem die KfW das Bankenrisiko zu 90 % übernimmt. Sicherlich eine sinnvolle Maßnahme, um Betriebe vor dem Aus zu retten, doch auch dieser Kredit muss natürlich zurückgezahlt werden, nach aktuellen Konditionen mit einem Zinssatz von 1,00 … 2,12 % innerhalb von zehn Jahren.
Die Tilgung kann zwar in den ersten beiden Jahren ausgesetzt werden, doch langfristig belastet sie natürlich trotzdem die Bilanz des Unternehmens. Das Geld fehlt dann an anderer Stelle, etwa für Investitionen in die Zukunftssicherung des Betriebs.
Was im Kleinen für Unternehmerkredite zutrifft, gilt erst recht für das große Bild: Der Staat pumpt bisher unvorstellbare Summen in den Wirtschaftskreislauf, um das Schlimmste zu verhindern. Und kaum scheint eine Lücke zumindest vorübergehend gestopft, tun sich zwei neue auf. Angesparte Überschüsse wie etwa in der Bundesagentur für Arbeit schmelzen angesichts von über 10 Mio. angemeldeten Kurzarbeitern dahin wie Schnee im Hochsommer. Gleichzeitig brechen die Steuereinnahmen des Staates aufgrund der eingeschränkten Wirtschaftstätigkeit weg.
Der Unternehmer hat gegenüber dem Staat einen Nachteil: Er kann nicht einfach sein eigenes Geld drucken, wenn ihm Liquidität fehlt. Doch dieser Weg der wundersamen Geldvermehrung hat seine Grenzen. Und dann stellt sich die Frage, wer die Rechnung bezahlt. Die öffentliche Hand und die Sozialsysteme werden große Lücken in ihren Haushalten haben, Unternehmen leiden unter einem Konjunktureinbruch und den Corona-bedingten Belastungen, Arbeitnehmer verfügen über weniger Einkommen, wenn sie überhaupt noch einen Job haben.
Wie tief die Delle wird, lässt sich heute noch nicht seriös abschätzen. Vermutlich wird unsere Branche ‒ verglichen mit anderen ‒ noch vergleichsweise glimpflich davonkommen. Das prognostiziert auch ZVEH-Präsident Lothar Hellmann im Interview mit »de«. Spürbar werden die Auswirkungen aber dennoch lange sein. Und die Rechnung wird auch gestellt werden. Rechnungsdatum: Vermutlich im späten Herbst 2021 ‒ nach der nächsten Bundestagswahl.
Weitere wichtigen Informationen zu den Auswirkungen des Coronavirus auf das Handwerk und sonstige nützliche Informationen finden Sie ab jetzt unter www.elektro.net/corona. Diese Seite wird laufend aktualisiert.