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Festanschluss oder Steckverbindung?

Ableitströme an Frequenzumrichtern

Dabei ging es um die maximal zulässige Höhe von Ableitströmen und dem daraus resultierenden Anschluss des jeweiligen Frequenzumrichters (FU). Unser beispielhaftes Gerät hat die Nenndaten 230 V / 0,37 kW und einen gemessenen Ableitstrom von 8 mA. Konkret ging es unserem Leser jetzt darum, dass ein Ableitstrom von ≥ 3,5 mA zur Folge hat, dass man für die netzseitige Einspeisung keine Schutzkontakt-Steckverbindung verwenden darf, so zumindest seine Meinung.

Zur endgültigen Verwirrung trug dann bei unserem Leser ein Beitrag in »de« 1-2.2020 von Herrn Hörmann bei, indem er sich auf einen Abschnitt der Norm DIN EN 60204-1 bezieht (Abschnitt 8.2.6). Hier hat es den Anschein, dass erst bei einem Ableitstrom von >10 mA »der Anschluss mit einem Steckverbinder für industrielle Anwendung (…) ausgeführt sein muss.« Was ist nun diesbezüglich wirklich erforderlich?

Anschluss von Betriebs- und Verbrauchsmitteln hinter einem FU

Eine Forderung, dass Verbrauchsmittel mit Ableitströmen größer 3,5 mA nicht über Steckvorrichtungen angeschlossen werden dürfen, gibt es weder in der Sicherheitsgrundnorm zum Schutz gegen elektrischen Schlag, der DIN EN 61140 (VDE 0140-1), noch in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 noch in der, vermutlich bei Ihnen mit zutreffenden, DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1).

Oft ist unter einer Schutzkontakt-Steckverbindung eine Steckvorrichtung für den Hausgebrauch und ähnliche Anwendungen nach DIN VDE 0620-2-1 gemeint. Diesbezüglich hat der Anfrager zum Teil recht, siehe die nachfolgenden normativen Anforderungen/Vorgaben in DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) und in DIN EN 61800-5-1 (VDE 0160-105-1), wo Steckvorrichtungen für den Hausgebrauch und ähnliche Anwendungen nach DIN VDE 0620-2-1 nicht erlaubt sind.

Aufgrund häufiger Fragen zu dieser Problematik, sollen nun alle relevanten Fundstellen zum Thema Schutzleiterströme/Ableitströme etwas ausführlicher betrachtet werden.

Normative Anforderungen oder Vorgaben

Grundsätzliche Festlegungen zu maximal zulässigen Schutzleiterströmen (üblicherweise auch als Ableitströme bezeichnet) sind in der Sicherheitsgrundnorm zum Schutz gegen elektrischen Schlag, der DIN EN 61140 (VDE 0140-1) enthalten. Diese Norm wendet sich aber an die Normengeber, daher gelten für den Anwender/Errichter die Festlegungen, wie sie in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 bzw. in DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) und ggf. in der Norm DIN EN 61800-5-1 (VDE 0160-105-1) enthalten sind.

DIN EN 61800-5-1 (VDE 0160-105-1) ist die Produktnorm für »Elektrische Leistungsantriebssysteme mit einstellbarer Drehzahl – Teil 5-1: Anforderungen an die Sicherheit – Elektrische, thermische und energetische Anforderungen«. Diese Norm muss die Elektrofachkraft nicht kennen. Für die Elektrofachkraft gelten daher die Vorgaben in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 und DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1), und ggf. wichtige Vorgaben in den Herstellerunterlagen. So müsste der Hersteller darauf hinweisen, dass eine CEE-Steckverbindung zu verwenden ist, da die Schutzleiterströme/Ableitströme bei diesem Produkt 10 mA überschreiten.

Tabelle: Tabelle 4 aus der Norm DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11
Tabelle: Tabelle 4 aus der Norm DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11

Vorgaben in DIN EN 61140 (VDE 0140-1)

Im Abschnitt 7.6.3.3 von DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 ist zu den Schutzleiterströmen folgendes festgelegt: »Die Grenzwerte für Schutzleiterströme unter normalen Betriebsbedingungen, wie in Tabelle 4 angegeben, sind für Niederspannungs-Verbrauchsmittel anwendbar, die mit Bemessungsfrequenzen bis 1 kHz betrieben werden.«

Diese Werte (Tabelle) gelten »allgemein«, d. h. sowohl für Festanschluss als auch für den Anschluss über Steckverbinder. Aber bei Festanschluss darf, unter Berücksichtigung der nachfolgenden Vorgaben, der Schutzleiterstrom auch 10 mA überscheiten: »Für elektrische Verbrauchsmittel mit einem dauerhaften Anschluss, an den der Anschluss eines verstärkten Schutzleiters nach 7.6.3.5 vorgesehen ist, sollten Produktkomitees den maximalen Schutzleiterstrom festlegen, welcher in keinem Fall 5 % des Bemessungsstroms je Außenleiter überschreiten darf.«

Was unter einem verstärkten Schutzleiter verstanden wird, ergibt sich aus Abschnitt 7.6.3.5: »Eine Anschlussklemme für einen Schutzleiter mit einem Mindestquerschnitt von 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al muss vorgesehen werden, oder eine zweite Klemme für einen Schutzleiter mit gleichem Querschnitt wie der normale Schutzleiter muss vorgesehen werden, so dass ein zweiter Schutzleiter an das Verbrauchsmittel angeschlossen werden kann. Anmerkung: Anforderungen für verstärkte Schutzleiter, siehe DIN VDE 0100-540.«

In DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 gibt es aber keine Einschränkungen bezüglich der Arten von Steckverbindungen. Bei einer Steckverbindung (Stecker, Steckdose für den Hausgebrauch) bis 16 A wären demnach 8 mA zulässig. Bei CEE-Steckverbindungen bis 32 A, dürften – ohne zusätzliche Maßnahmen – maximal 10 mA auftreten.

Vorgaben in DIN VDE 0100-510

Im Abschnitt 7.5.2.2 der DIN VDE 0100-510:2014-10 steht: »Steckbare Verbrauchsmittel, geeignet für den Anschluss mittels ein- oder mehrpoliger Steckvorrichtungen mit einem Bemessungsstrom bis einschließlich 32 A. Grenzwerte sind im Anhang B enthalten. Verbrauchsmittel für dauerhaften Anschluss und ortsfeste Verbrauchsmittel, beide ohne spezielle Maßnahmen für den Schutzleiter, oder steckbare Verbrauchsmittel, geeignet für den Anschluss mittels ein- oder mehrpoliger Steckvorrichtungen mit einem Bemessungsstrom größer als 32 A. Grenzwerte sind im Anhang B enthalten. Verbrauchsmittel für dauerhaften Anschluss, vorgesehen für den Anschluss eines verstärkten Schutzleiters nach 7.5.2.4. Produktkomitees sollten den maximalen Schutzleiterstrom festlegen, welcher in keinem Fall 5 % des Bemessungsstroms je Außenleiter überschreiten darf.«

In den obigen Aufzählungen war als Anhang B, der Anhang B aus der ungültigen DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2007-03 gemeint. In der gültigen Ausgabe von DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 sind die Werte direkt im Abschnitt 7.6.3.3 mit angeführt, insbesondere die Tabelle 4 (Tabelle).

Gültige Werte, für zulässige Ableitströme/Schutzleiterströme, gibt es derzeit in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 aber nicht, da es sich, bei den im Anhang B von DIN VDE 0100-510:2014-10 enthaltenen Tabellen, wie bereits erwähnt, um die Wiedergabe aus der nicht mehr gültigen DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2007-03 handelt.

Nur im Abschnitt 543.7 von DIN VDE 0100-540:2012-06 gibt es Anforderungen, für die Fälle, in denen die Schutzleiterströme 10 mA überschreiten: »Für elektrische Verbrauchsmittel, die fest angeschlossen sind und deren Schutzleiterstrom größer 10 mA ist, gilt: Wenn das elektrische Verbrauchsmittel über nur eine einzige entsprechende Schutzleiteranschlussklemme verfügt, muss der angeschlossene Schutzleiter einen Querschnitt von mindestens 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al in seinem gesamten Verlauf aufweisen. Anmerkung 1: Ein PEN-, PEL- oder PEM-Leiter in Übereinstimmung mit 543.4 erfüllt diese Anforderung.

Wenn das elektrische Verbrauchsmittel über eine separate Anschlussklemme für einen zweiten Schutzleiter verfügt, muss ein zweiter Schutzleiter mit mindestens demselben Querschnitt, wie er für den Fehlerschutz gefordert wird, bis zu dem Punkt verlegt werden, an dem der Schutzleiter mindestens einen Querschnitt von 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al hat.«

Vorgaben in DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1)

Wie aus dem Beitrag »Neue Norm für elektrische Maschinen« in »de« 1-2.2020 herauszulesen ist, gibt es in DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2019-06, Abschnitt 8.2.6 Festlegungen, die nicht mit der Sicherheitsgrundnorm übereinstimmen. Zur besseren Übersichtlichkeit werden diese Anforderungen hier nochmals wiederholt: »Wenn in einem Schutzleiter einer elektrischen Ausrüstung ein Erdableitstrom, Gleichstrom oder Wechselstrom, größer 10 mA fließt, muss für die Sicherheit eine oder mehrere der folgenden Bedingungen in jedem Bereich des Schutzpotentialausgleichssystems, das einen Erdableitstrom führt, vorgesehen werden:

  1. der Schutzleiter ist vollständig innerhalb der Gehäuse der elektrischen Ausrüstung verlegt, oder in anderer Weise auf seiner gesamten Länge gegen mechanische ­Beschädigung geschützt;
  2. der Schutzleiter hat über seine gesamte Länge einen Mindestquerschnitt von 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al;
  3. wenn der Schutzleiter einen Querschnitt von weniger als 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al hat, muss ein zweiter Schutzleiter mit mindestens demselben Querschnitt bis zu dem Punkt vorgesehen werden, an dem der Schutzleiter einen Querschnitt von nicht weniger als 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al aufweist. Dies kann erfordern, dass die elektrische Ausrüstung einen getrennten Anschluss für einen zweiten Schutzleiter aufweist;
  4. automatische Abschaltung der Stromversorgung bei Verlust der Durchgängigkeit des Schutzleiters;
  5. wenn eine Stecker-Steckdosen-Kombination verwendet wird, muss der Anschluss mit einem Steckverbinder für industrielle Anwendungen nach der Normenreihe IEC 60309 Serie ausgeführt sein und der Schutzleiter muss einen Mindestquerschnitt von 2,5 mm2 als Teil einer mehradrigen Leitung aufweisen.

In den Installationshinweisen muss eine Aussage gemacht werden, dass die elektrische Ausrüstung, entsprechend 8.2.6, errichtet werden muss. Anmerkung: Ein Warnschild kann in der Nähe des PE-Anschlusses angebracht werden, mit dem Hinweis, dass über den Schutzleiter ein Ableitstrom von größer 10 mA fließt.«

Vorgaben in der Produktnorm DIN EN 61800-5-1 (VDE 0160-105-1)

Im Abschnitt 4.3.5.5.2 der Ausgabe 2017-11 steht geschrieben: »Die Anforderungen dieses Abschnittes müssen erfüllt sein, damit bei einer Zerstörung oder Abtrennung des Schutzerdungsleiters die Sicherheit aufrechterhalten bleibt. Bei einphasigen PDS/CDM/BDM mit Steckeranschluss, für die kein Steckverbinder für industrielle Anwendungen nach IEC 60309 verwendet wird, darf der Berührungsstrom (gemessen nach 5.2.3.5) einen Wert von 3,5 mA Wechselstrom oder einen von 10 mA Gleichstrom nicht überschreiten. Wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass der (nach 5.2.3.5 gemessene) Berührungsstrom kleiner als 3,5 mA Wechselstrom oder kleiner als 10 mA Gleichstrom ist, müssen bei allen anderen PDS/CDM/BDM eine oder mehrere der nachfolgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • ortsfester Anschluss und ein Querschnitt des Schutzerdungsleiters von mindestens 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al oder
  • automatische Abschaltung des Netzes bei Unterbrechung des Schutzerdungsleiters oder
  • Anbringen einer zusätzlichen Anschlussklemme für einen zweiten Schutzerdungsleiter mit demselben Querschnitt wie der ursprüngliche Schutzerdungsleiter oder
  • Anschluss mit einem Steckverbinder für industrielle Anwendungen nach IEC 60309 und ein Mindestquerschnitt des Schutzerdungsleiters von 2,5 mm2 als Teil eines mehradrigen Versorgungskabels. Eine angemessene Zugentlastung muss vorhanden sein.«

Fazit

Die Anforderungen in den einzelnen Normen sind leider nicht voll in Übereinstimmung. Wenn aber ein einphasiger Frequenz­umrichter für die elektrische Ausrüstung einer Maschine vorgesehen ist, dann sind die Vorgaben in der DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) eindeutig und auch zu berücksichtigen, d. h. für den Anschluss des einphasigen Frequenzumrichters über Steckverbindungen müssen Stecker und Steckdose der DIN VDE 0620-2-1 entsprechen, es muss also eine CEE-Steckverbindung vorgesehen werden. Stecker für den Hausgebrauch (umgangssprachlich »Schuko­stecker«) wären nicht erlaubt.

Ungeachtet der Ausführung der Steckverbindung muss noch darauf geachtet werden, dass zu hohe Ableitströme zu Fehlauslösungen von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) führen können. Dies trifft insbesondere bei Steckdosen (Steckdosenstromkreise) bis 32 A zu (= zusätzliche Schutz durch RCD mit IN ≤ 30 mA gefordert wird. Aber auch mögliche Gleichfehlerströme, die bei Frequenzumrichtern üblicherweise auftreten können, müssen beachtet werden, sodass ggf. eine RCD vom Typ B oder B+ ausgewählt werden muss.

Über den Autor
hoermann
Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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