Die eigene Berufsausbildung ist für alle erfolgreichen Elektrohandwerksbetriebe zentrales Element der Unternehmensführung. Nur so lässt sich Bedarf an Fachkräften für die Zukunft absichern. Darüber hinaus ist ein frühzeitiger Einstieg in das jeweilige Unternehmen ein gute Basis für die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber. Bei größeren Elektrohandwerksbetrieben steigt naturgemäß der Bedarf an neuen Mitarbeitern. Die Organisation der Berufsausbildung ist daher meist anders aufgestellt, wie das Beispiel der drei Sonderpreisträger zeigt. Die Sonderpreise für hervorragende Nachwuchsförderung wurden am 1.10.2020 an die Unternehmen Dehn Instatec, Elektro Breitling und Habotec verliehen (siehe auch »Erfolgreiche Unternehmer des Elektrohandwerks ausgezeichnet« in »de« 20.2020). Wir wollen an dieser Stelle die Ausbildungskonzepte der drei Preisträger kurz umreißen.
Eigenverantwortung und Fokus auf die Praxis
Das Interesse an einer Berufsausbildung im Elektrohandwerk ist nur dann vorhanden, wenn diese für junge Menschen attraktiv ist. Bei Dehn Instatec hat man die Strukturen dafür geschaffen. Ein eigenes Ausbildungszentrum mit Lehrwerkstatt, Schulungsräumen und Ausbildern sorgt in Neumarkt dafür, dass erlerntes Berufsschulwissen frühzeitig in praktische Fähigkeiten transformiert wird. Bereits Schüler haben hier die Möglichkeit, mit einem Praktikum einen Einblick in den Berufsalltag zu bekommen. Mit einer Ausbildungsquote von mehr als 20 % leistet der Elektrohandwerksbetrieb überdurchschnittlich viel für den beruflichen Nachwuchs (Bild 1). Beleg für das erfolgreiche Wirken sind regelmäßige, überdurchschnittliche Prüfungsleistungen. Im September 2020 wurde erneut ein Auszubildender zum Kammersieger der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz gekürt.
Regelmäßig werden sogenannte »Azubi-Projekte« ins Leben gerufen. Hierbei wird in ruhiger Arbeitsatmosphäre das theoretische Berufsschulwissen mit Erfahrungen in der praktischen Anwendung angereichert. Mit einer Kombination aus »Unternehmensplanspiel«, echtem Baustellenleben und wöchentlichem Theorieunterricht sollen die Auszubildenden einen umfassenden Einblick in die Abläufe eines großen Handwerksbetriebs bekommen. Die Auszubildenden lernen hier nicht nur die Grundfertigkeiten der Gebäudeinstallation, sondern schnuppern auch in die Tätigkeiten eines Bauleiters hinein, indem sie den täglichen Baustellenablauf selbst organisieren und alle notwendigen Aufgaben weitestgehend selbstständig ausführen. Unterstützt und beaufsichtigt werden sie dabei von geschulten Ausbildern (Bild 2).
Mit der Vergabe des Sonderpreises sehen sich die Geschäftsführer Christian Hamann und Florian Meier in Ihren Aktivitäten bestätigt: »Ausbildung und Nachwuchsförderung sind seit Unternehmensgründung unverzichtbare Bausteine unserer Philosophie. Dass wir nun auch mit diesem Preis dafür geehrt werden, freut uns sehr. Diese Auszeichnung ist vor allem für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren Engagement eine Förderung unserer Nachwuchskräfte auf solch hohem Niveau nicht möglich wäre.«
Vernetzt und digital auch in der Ausbildung
Die Digitalisierung durchzieht immer mehr den Arbeitsalltag des Elektrohandwerks. Bei Elektro Breitling gilt dies auch für die Berufsausbildung. Im Jahr 2016 wurde hier das Elektro Bildungs- und Innovations Center (EBIC) eröffnet. Jedes Jahr informiert das Ausbildungszentrum zu den Ausbildungsberufen mit Schulpartnerschaften, Messen und Projekten wie z. B. Tour de Handwerk, Nacht der Ausbildung, Ausbildungsbotschafter, Licht für Afrika, Firmenferientage, Schnupperpraktika etc.
Hervorzuheben sind die aktuellen Projekte »Smart Home« und »Digital Girls-Camp (MINT)«. Dabei installieren und programmieren Schülerinnen und Schüler Smart-Home-Technologien, vertiefen bereits erlernte Physikkenntnisse der Schule und werden so an das Elektrohandwerk herangeführt. Im Rahmen einer Cross-Media-Kampagne entstanden viele Maßnahmen wie z. B. eine Ausbildungsbroschüre, redaktionelle Beiträge in der Tageszeitung, Rundfunkinterviews im Südwestrundfunk, Groß-Plakatwerbung, Auto-/Anhängerwerbung, Kinowerbung zur Primetime, ein Internet-Karriereportal, Azubi-Speed-Dating sowie der Youtube-Chanel »eb-Karriere« (Bild 3).
Seit 2017 forciert das Unternehmen das Modell »Lernen im und am Kundenauftrag«. Dabei erledigen Auszubildende unter fachlicher Anleitung eines Ausbilders lernförderliche Kundenaufträge in der Praxis. Ziel ist es, Auszubildende während der Lehre ganzheitlich in die Auftragsabwicklung heranzuführen. Insgesamt stehen den Auszubildenden zwei hauptberufliche und drei Teilzeit-Ausbilder zur Verfügung.
Alle Ausbilder sehen sich als moderner Coach, der den Auszubildenden auf seinem Weg zur beruflichen Reife begleitet. Je nach Bedarf wird für Benachteiligte ein individueller Förderplan erstellt; dieser soll die Schwächen stärken, aber auch die bisherigen Stärken fördern. Eine Übernahme wird für alle Azubis garantiert.
Der Lernstand aller Azubis wird über ein elektronisches Berichtsheft überwacht, das das Unternehmen übrigens als erstes Handwerksunternehmen im Kammerbezirk eingeführt hat. Zudem wurde ein Online-Bewertungstool entwickelt, bei dem der Azubi vom Ausbildungsbeauftragten nach festgelegten Kategorien beurteilt werden kann. Dadurch erhält die Ausbildungsabteilung frühzeitig Hinweise auf Lern- und Verständnisprobleme, kann Fördermaßnahmen (z. B. durch Individualunterricht, ABH, AsA, firmeneigener Sprachkurs etc.) gezielter ansetzen und den Azubi z. B. durch Lernentwicklungsvereinbarungen stärker in die eigene Verantwortung nehmen (Bild 4).
Der Erfolg gibt den Verantwortlichen bei Elektro Breitling Recht: in den letzten vier Jahren kamen u. a. auf 16 Preisträger, zwei Kreissieger, zwei Kammersieger und ein Jahrgangsbesten Bachelor BWL-Handwerk aus den eigenen Reihen.
Den Mensch als Ganzes sehen
Für Elektromeister Peter Bode in Lübeck ist die Berufsausbildung in seinem Unternehmen Habotec mehr als das reine Rekruting von neuen Mitarbeitern. Es ist ihm vor allem auch ein soziales Anliegen, jungen Menschen eine Perspektive im Leben zu geben. Er investiert daher sehr viel in die Berufsausbildung. Eine eigene Lehrwerkstatt, Mikroapartments für auswärtige Lehrlinge und eine ausgefeilte Prüfungsvorbereitung sind nur einige von den Aktivitäten. Die Lehrwerkstatt wird den Azubis auch am Wochenende zur Verfügung gestellt.
Die Kontaktaufnahme zum Unternehmen ist bewusst niederschwellig gehalten: eine E-Mail reicht und es wird ein Bewerbungsgespräch vereinbart.
Die Zahlen sprechen für die Strategie von Peter Bode: von 150 Mitarbeitern sind alleine 50 Auszubildende. Diese hohe Ausbildungsquote kostet natürlich, aber auf lange Sicht rechnet sich der Aufwand. Peter Bode betreut anspruchsvolle Kunden und hat große Ziele. So zählen u. a. zwei Dräger-Werke dazu und das bedeutet, dass jeweils ein festes Team vor Ort sein muss.
Außerdem betreut Habotec als Nachfolger von ABB die Übergabestation eines Seekabels nach Schweden. Hierfür wurde eine 400-kV-Schaltberechtigung erworben. Um dieses hohe fachliche Niveau als Elektrohandwerksbetrieb auch in der Zukunft zu halten, müssen hochqualifizierte und vor allem motivierte Mitarbeiter an Bord sein.
Dass dies mit dem ersten Ausbildungstag bei Habotec gelebt wird, bemerkt man sofort, wenn man das Betriebsgebäude betritt. Ein alter S-Bahn-Wagen dient dort als Pausenraum für die Azubis (Bild 5).
Für die positiven Ergebnisse seiner Ausbildungsstrategie erhält Peter Bode viel positives Feedback. So drehte beispielsweise der Norddeutsche Rundfunk einen Film über seine erfolgreichen Aktivitäten in der Nachwuchsgewinnung (Bild 6).
- Preisverleihung in Zeiten der Pandemie: Erfolgreiche Unternehmer des Elektrohandwerks ausgezeichnet
- Unternehmerpreis Elektrohandwerk 2020: Bildergalerie der Preisverleihung in München
- Gewinner des Unternehmerpreis Elektrohandwerk Kategorie A (bis 20 Mitarbeiter): Wernz-Elektro GmbH aus Erlensee
- Gewinner des Unternehmerpreises Elektrohandwerk Kategorie B (20 bis 40 Mitarbeiter): Elektro Dessecker aus Ammerbuch
- Gewinner des Unternehmerpreises Elektrohandwerk Kategorie C (über 40 Mitarbeiter): M. u. W. Schlecker Elektrische Anlagen aus Ulm
- Shortlist-Nominierte für den Unternehmerpreis Elektrohandwerk
- Gewinner der Sonderpreise beim Unternehmerpreis Elektrohandwerk für besondere Ausbildungsleistungen: Dehn Instatec, Elektro Breitling und Habotec
Die Fachzeitschrift »de« hat in diesem Jahr erneut den Deutschen Unternehmerpreis Elektrohandwerk vergeben. Erfolgreiche Unternehmen konnten sich in drei Kategorien bewerben:
- Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern
- Betriebe mit 21 bis 40 Mitarbeitern
- Betriebe mit mehr als 40 Mitarbeitern.
Die Jury hat am 4. und 5.2.2020 die Gewinner ermittelt und übergab die Preise am 1.10.2020 im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in München.
Sponsoren
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