Würde ich eine Rangliste der meist diskutierten Normen der vergangenen Jahre aufstellen, so wären die beiden ersten Plätze schnell vergeben: Einerseits die VDE 0100-420 und andererseits die DIN 18014. In beiden Fällen spielen auch Begrifflichkeiten eine Rolle. So hat in dem einen Fall der für die Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD) nach VDE 0665-10 umgangssprachlich – und eingangs wohl auch aus Marketing-
Gesichtspunkten – eingeführte Begriff »Brandschutzschalter« dazu geführt, dass sich plötzlich auch Nicht-Elektrotechniker mit dieser Norm auseinandergesetzt haben, etwa die Fertighaushersteller.
Bei der DIN 18014 ist es ähnlich, auch wenn sich die Diskussionen hier auf unsere eigene und die Baubranche beschränken. Sie heißt mit Titel »Fundamenterder – Planung, Ausführung und Dokumentation«. Und der ist nur teilweise richtig. Die VDE 0100-540 schreibt zwar in allen neuen Gebäuden in Deutschland einen Fundamenterder nach DIN 18014 vor, der muss allerdings nicht zwingend als Fundamenterder ausgeführt sein.
Aktuell befindet sich die DIN 18014 in Überarbeitung, mit dem Entwurfstitel »Erdungsanlagen für Gebäude – Planung, Ausführung und Dokumentation«. Inhaltlich hat man u. a. auf die sich weiterentwickelnde Bautechnik reagiert. Wasserundurchlässiger Beton oder ins Erdreich eingebrachte Wärmedämmschichten führen oft zu einem so genannten »nicht-erdfühligen« Fundament mit deutlich erhöhten Erdungswiderständen – ein Fundamenterder würde die gewünschte Erderwirkung nicht erzielen. So stehen Ringerder, Tiefenerder oder Kombinationen davon gleichberechtigt neben dem Fundamenterder – letzterer darf nur noch dann errichtet werden, wenn die Erdfühligkeit des Fundaments explizit bestätig werden kann. Das bedeutet, der Fundamenterder wird zwar voraussichtlich aus dem Titel der DIN 18014 verschwinden, bleibt als technische Ausführungsvariante aber bestehen.
»Wir erwarten eine Vielzahl von Einsprüchen bzw. Kommentaren zum Norm-Entwurf E DIN 18014«, sagte Burkhard Schulze anlässlich dessen Vorstellung im Rahmen der digitalen E-Fachschulung Rostock. Kommentare sind noch bis 11.3.2021 möglich. Die Argumente der Befürworter und Kritiker sind zahlreich, diese hier wiederzugeben würde den Rahmen sprengen. Eine Stimme möchte ich erwähnen, die sich – um auf den Anfang zurückzukommen – auch zum AFDD gemeldet hatte. Der Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV) hatte sich kritisch zur Pflicht zum AFDD-Einbau geäußert und stattdessen eine Risiko-/Sicherheitsbewertung vorgeschlagen – die inzwischen auch Eingang in die aktuelle Fassung der VDE 0100-420 gefunden hat. Die Vorgaben der DIN 18014 hingegen hält der AMEV für »fach- und sachgerecht«. Mit dem Fundamenterder befasste sich auch unsere »de«-Expertenrunde Praxisprobleme – siehe Seite 18.
Zu hoffen bleibt, dass es am Ende zu einer Fassung kommt, die auf breite Akzeptanz in der Fachwelt stößt und die Diskussionen nur jetzt im Vorfeld geführt werden, aber nicht mehr nach Erscheinen der endgültigen Version. Denn nichts braucht der Ausführende vor Ort weniger als Diskussionen über die Sinnhaftigkeit einer technischen Sicherheitsmaßnahme.
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