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Nutzung der Schutzleiterfunktion von Tragschienen in Verteilern

Querschnitt des Schienenanschlusses

Anhand eines Beispiels soll das im Folgenden erörtet werden. Wir gehen dabei aus von einer Verteilerzuleitung NYY-J 5 x 50,  160 A, von welcher fünf Drehstromkreise NYY-J 5 x16,  á  63A, abgehen. Hierfür sei die Frage in den Raum gestellt, ob die Hutschiene – und somit auch der anzuschließende Schutzleiter bzw. auch deren Anschlusspunkt – einer Strombelastbarkeit von 160 A bzw. dem Querschnitt der Zuleitung entsprechen müssen. Es wäre normativ in Erwägung zu ziehen, den Schutzleiter zu reduzieren. Außerdem ist zu klären, wie zu verfahren ist, wenn mehrere Hutschienen vorhanden sind. Das Problem ist, ob diese separat mit einem Schutzleiter angeschlossen werden müssen. In Verteilern der Schutzklasse II ist darauf zu achten, dass Hutschienen, die als Schutzleiterschienen für Schutzleiterklemmen verwendet werden, gegen aktive Teile und leitfähige Teile, z. B. leitfähige Montageplatten, so isoliert eingebaut werden wie aktive Teile.

Tragschienen zur Verwendung als Schutzleiterschienen

Im weiteren Verlauf dieses Beitrags soll der Begriff »Tragschiene« verwendet werden, wie es auch in der Norm DIN EN 60947-7-2 (VDE 0611-3):2010-03 der Fall ist. Gemäß Tabelle A.1 des normativen Anhangs dieser Norm gibt es nämlich auch andere Ausführungen von Tragschienen.

Die Anforderungen zu Tragschienen als Schutzleiterschienen für Schutzleiterklemmen in Verteilern der Schutzklasse II sind im Abschnitt 8.4.4 von DIN EN 61439-1 (VDE 0660-600-1):2012-04 enthalten: »Wenn durch eine derartige Schaltgerätekombination, deren Körper isoliert angeordnet sind, ein Schutzleiter zu den nachgeschalteten elektrischen Betriebsmitteln durchgeschleift wird, müssen für den Anschluss der von außen herangeführten Schutzleiter Anschlüsse vorgesehen und in geeigneter Weise gekennzeichnet werden. Innerhalb des Gehäuses müssen der Schutzleiter und seine Anschlüsse von den aktiven Teilen und von den Körpern ebenso isoliert werden wie die aktiven Teile.«

Anforderungen an Installationsverteiler

Die Festlegungen gelten auch für »Installationsverteiler für die Bedienung durch Laien« nach DIN EN 61439-3 (VDE 0660-600-3), die für das Beispiel des eingangs genannten Verteilers zutreffen können. Analoge Festlegungen enthält auch der Abschnitt 412.2.2.4 von DIN VDE 0100-410:2018-10, wo Folgendes festgelegt ist: »Leitfähige Teile innerhalb der isolierenden Umhüllung dürfen nicht an einen Schutzleiter angeschlossen sein. Dies schließt jedoch nicht aus, dass Anschlussmöglichkeiten für Schutzleiter vorgesehen sind, die notwendigerweise durch die Umhüllung geführt werden, weil sie für andere Betriebsmittel benötigt werden, deren Versorgungsstromkreis ebenfalls durch die Umhüllung geführt ist. Innerhalb der Umhüllung müssen alle solchen Leiter und ihre Anschlussklemmen wie aktive Teile isoliert sein, und ihre Anschlussklemmen müssen als Schutzleiter-Anschlussklemmen gekennzeichnet sein.«

Tabelle: Mindestanschlussvermögen für Schutzleiter aus Cu (PE oder PEN)
Tabelle: Mindestanschlussvermögen für Schutzleiter aus Cu (PE oder PEN)

Bemessung der Schutzleiter-Querschnitte zur Tragschiene

Grundsätzlich gilt, dass die erforderlichen Querschnitte zu Tragschienen, die als Schutzleiterschienen verwendet werden, entsprechend den Schutzleiterquerschnitten der abgehenden Stromkreise zu bemessen sind. Maßgebend ist dabei der größte abgehende Schutzleiter. Der Schutzleiterquerschnitt in der Zuleitung spielt dabei keine Rolle. Aufgrund der isolierenden Ausführung der aktiven Leiter der Zuleitung muss nicht mit einem Fehler zwischen Zuleitung und Tragschiene gerechnet werden. Es muss lediglich die Funktionalität des Schutzleiters für den Endstromkreis erfüllt sein. Zusätzlich ist die maximale Strombelastbarkeit der Tragschienen zu beachten – normativ die »Kurzzeitstromfestigkeit«. Sie ist deswegen maßgebend, weil über diese Schienen keine Betriebsströme, sondern nur Fehlerströme fließen.

Im Normalfall ist aber eine einzelne als Schutzleiterschiene verwendete Tragschiene ausreichend für die abgehenden Schutzleiter. Diese Tragschiene wird mittels der auf ihr aufgeschnappten Schutzleiterklemme der Zuleitung mit dem Schutzleiter der Zuleitung verbunden.

Nur bei Schutzleiterquerschnitten > 120 mm2 – für die es normativ keine Schutzleiterklemmen mit direkter Kontaktierung zur Tragschiene gibt – muss eine Leitungsverbindung zur Tragschiene über eine Schutzleiterklemme hergestellt werden.

Kurzzeitstromfestigkeiten von Trag­schienen

Abhängig vom Tragschienenmaterial und Schienenprofil sind im normativen Anhang A in der Tabelle A.1 von DIN EN 60947-7-2 (VDE 0611-3):2010-03 entsprechende Vorgaben enthalten. Eine Hutschiene aus Stahl gemäß IEC 60715 mit der Abmessung 35 mm x 7,5 mm bietet einen gleichwertigen E-Cu-Querschnitt von 16 mm2 und eine Kurzzeitstromfestigkeit für 1 s von 1,92 kA. An diese in solchen Verteilern üblicherweise zum Einsatz kommenden Tragschienen dürfte somit ein abgehender Schutzleiter mit maximal 16 mm2 angeschlossen werden.

Bezogen auf die o. g. Drehstromabgänge mit 16 mm2 Schutzleiterquerschnitt gäbe es daher keine Probleme bei der Verwendung dieser Hutschiene. Bei größeren abgehenden Schutzleitern ist ggf. eine Hutschiene 35 mm x 15 mm auszuwählen, bzw. kann der Hinweis zur Querschnittsreduzierung in Anspruch genommen werden (s. u.). Hierbei könnten dann auch abgehende Schutzleiter mit 50 mm2 anschließbar sein.

Verfahrensweise bei mehreren Hutschienen

Hierzu muss unterschieden werden, zwischen Verteilern der Schutzklasse I und II. Bei dem oben angeführten Verteiler der Schutzklasse II müssen diejenigen Tragschienen, welche als Schutzleiterschienen verwendet werden, isoliert angeordnet sein. Somit muss jede dieser isoliert angeordneten Schutzleiterschienen über einen Schutzleiter mit dem Schutzleiter der Zuleitung verbunden werden. Der Querschnitt richtet sich wiederum nach den oben angeführten Vorgaben – d. h. nach den an diesen weiteren Schienen angeschlossenen, abgehenden Schutzleitern.

Die Verbindung zu den zusätzlichen Schienen kann über gebrückte Klemmen von der Schiene vorgenommen werden, an welcher der ankommende Schutzleiter angeschlossen ist. Entsprechende Schutzleiter-Reihenklemmen gibt es übrigens normativ nach DIN EN 60947-7-2 (VDE 0611-3):2010-03 bis zu einem Anschlussquerschnitt von 120 mm2.

Auch wenn es sich im eingangs genannten Beispiel nicht um einen Verteiler der Schutzklasse I handelt, erscheint an dieser Stelle ein Hinweis angebracht zu sein. Tragschienen in Verteilern der Schutzklasse I, die als Schutzleiterschienen verwendet werden, müssen nicht isoliert angeordnet werden. Somit wäre es möglich, die einzelnen leitfähigen Schutzleiterschienen über die blanken leitfähigen Konstruktionsteile (Holme, Gerüst usw.) untereinander zu verbinden. Diese Variante kann aber nur angewendet werden, wenn es dafür entsprechende Prüfnachweise seitens des ursprünglichen Herstellers gibt. In allen anderen Fällen müssen die Schutzleiterschienen, analog wie bei Schutzklasse II, untereinander verbunden werden.

Betrachtung einer Querschnittsreduzierung

In den relevanten Normen gibt es hierzu keine Festlegungen, bezogen auf Tragschienen. Allerdings könnte diesbezüglich Tabelle 5 von DIN EN 61439-1 (VDE 0660-600-1):2012-06 zugrunde gelegt werden (Tabelle). Abweichend von Tabelle 54.2 von DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2012-06 darf in Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen der Querschnitt der Schutzleiterschienen ab 400 mm2 Außenleiterquerschnitt weiter reduziert werden, ab 800 mm2 Außenleiterquerschnitt sogar bis auf 1/4. Weiterhin dürfte noch von Interesse sein, dass Tragschienen nur dann als PEN-Leiter verwendet werden dürfen, wenn sie aus Cu oder Al bestehen. Fakt ist aber, dass eine Querschnittsreduzierung nur dann möglich ist, wenn die entsprechenden Prüfnachweise erbracht werden – es sei denn, es gibt seitens der Verteilerhersteller entsprechende Ausführungen.

Fazit

Ein scheinbar einfaches Problem ist in diesem Beitrag sehr ausführliche behandelt worden. Bei der Betrachtung von Wohnungsverteilern wäre dies sicher nicht notwendig gewesen. Allerdings kann das bei Verteilern nach DIN EN 61439-3 (VDE 0660-600-3) schon durchaus erforderlich sein.

Normen zum Beitrag

  • DIN EN 61439-1 (VDE 0660-600-1)
  • DIN EN 61439-3 (VDE 0660-600-3)
  • DIN VDE 0100-410
  • DIN VDE 0100-540
  • DIN EN 60947-7-2 (VDE 0611-3)

 

PP20146

Über den Autor
hoermann
Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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