Windparks und Solaranlagen erzeugen in Deutschland jedes Jahr tausende Gigawattstunden Strom, der im Moment der Erzeugung nicht genutzt werden kann und abgeregelt wird. In anderen Momenten wiederum werden fehlende Kapazitäten mit Energie aus fossilen Quellen ersetzt. Ein Teil der Lösung könnten große elektrothermische Speicher sein, die zur Netzstabilität beitragen. Die Grundidee besteht darin, Strom in Wärme zu wandeln, diese Wärme in vergleichsweise preiswerten Speichern zu puffern und bei Bedarf wieder in Elektrizität umzuwandeln. »Durch Verwendung von Medien wie Salzschmelzen und flüssigen Metallen als Speicher- und Wärmetransportmedien können sehr hohe Temperaturen erreicht werden«, sagt Professor Thomas Wetzel, der am Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) sowie am Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT forscht (Bild 1). »Das erschließt neue Einsatzfelder für thermische Speicher in der Industrie und schafft ökologisch und ökonomisch nachhaltige Optionen für den klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung.«
Wärmespeicher im industriellen Maßstab kommen bereits heute zum Einsatz: In der konzentrierenden Solarthermie wird Wärme in Salzschmelzen gespeichert und in Dampfkraftwerken in Strom umgewandelt. Im Verbundprojekt LIMELISA (steht für: Liquid Metal and Liquid Salt Heat Storage System) unterstützen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT nun die Entwicklung thermischer Speicher der nächsten Generation, die speziell für den Strom-Wärme-Strom-Prozess ausgelegt werden. Sie konzentrieren sich dabei auf Flüssigmetalltechnologien, während am DLR mit Salzschmelzen gearbeitet wird. Koordiniert und ergänzt wird die Forschung vom Industriepartner KSB, einem international agierenden Hersteller von Pumpen und Armaturen, der schon seit den 1960er-Jahren Erfahrungen mit Flüssigmetallkreisläufen gesammelt hat.
Werkstoffe und Komponenten
Konventionelle elektrothermische Speichersysteme arbeiten etwa auf Basis von Nitratsalz. Sie können unter anderem aufgrund der verwendeten Werkstoffe und Komponenten wie Pumpen und Ventile aber bislang nur bei Temperaturen von bis zu maximal 560 Grad Celsius betrieben werden. »Für die Rückverstromung mit konventionellen Dampfkraftwerken sind deutlich höhere Temperaturen notwendig«, sagt Projektleiterin Dr. Klarissa Niedermeier vom ITES. »Am KIT werden wir Schlüsselkomponenten in einem bis zu 700 Grad heißen Bleikreislauf testen.« Der direkte Kontakt mit dem Flüssigmetall macht dabei spezielle Werkstoffe notwendig, die ebenfalls am KIT entwickelt und getestet werden (Bild 2). Am Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik arbeitet Dr. Alfons Weisenburger an diesen speziellen Stahlmischungen. »Konventionelle Methoden für den Korrosionsschutz reichen bei solchen Temperaturen nicht mehr aus«, erklärt er. »Wir nutzen unter anderem Aluminiumoxid als eine Art Schutzschild, um Pumpen und Armaturen zu schützen.«
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten auch in der Industrie
Ein großer Vorteil von thermischen Speicherlösungen sind ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten, auch im Dienste der Sektorenkopplung. Neben dem im Projekt LIMELISA verfolgten Strom-Wärme-Strom-Prozess können die dabei entwickelten Technologien auch dazu verwendet werden, Wärmenetze mit erneuerbarem Strom zu versorgen. In der Industrie wiederum können sie effizient Hochtemperatur-Prozesswärme liefern, wie sie in der Chemie- und Baustoffindustrie oder bei der Metallverarbeitung benötigt wird. »Aktuell wird dieser Hochtemperatur-Wärmebedarf überwiegend mit fossilen Energieträgern gedeckt«, sagt Dr. Walter Tromm, der Leiter des ITES. »Hochtemperatur-Wärmespeicher wären hier eine elegante Option, die zugleich die Nutzung regenerativer Energie für industrielle Schlüsselprozesse erschließt und das Problem der fluktuierenden Verfügbarkeit regenerativer Energiequellen löst«.
Weitere Informationen zur Arbeitsgruppe »Karlsruher Flüssigmetalllabor« gibt es hier.