Die reale Prüfung von Windkraftanlagen stellt einige Anforderungen an das Prüfverfahren und das zum Einsatz kommende Prüfsystem, da hohe Mittelspannungen mit mehreren MW Leistung gemessen werden müssen. Dies als Dauertest im realen Betrieb umzusetzen, ist jedoch nahezu unmöglich. Eine effektive Alternative bieten Kurzzeitprüfungen mit realen Daten.
Bei den elektrotechnischen Anforderungen, die an ein solches Prüfsystem gestellt werden, handelt es sich, entsprechend den zu prüfenden Windkraftanlagen, um hohe Spannungen von bis zu 36 kV bei gleichzeitig hohen Kurzzeitströmen von bis zu 3.000 A.
Der Bau von großen Luftspulen
Die jahrzehntelange Expertise in der Entwicklung und Konstruktion von Sonderanfertigungen von Spulen, Drosseln und Transformatoren jeglicher Art und Größe (Bild 1) kam der Bürkle + Schöck Transformatoren GmbH zugute. Denn dieses Kriterium gab letztendlich auch den Ausschlag für die Auftragsvergabe zur Entwicklung und zum Bau eines nahezu unter Realbedingungen laufenden Kurzzeitprüfverfahrens für Windkraftanlagen.
Für ein Projekt mit einem Anforderungsprofil von 36 kV Betriebsspannung und Kurzzeitströmen von bis zu 3.000 A ist der Einsatz von großdimensionierten Luftspulen von großem Vorteil, denn diese reinen Luftspulen kommen ohne ein großes und schweres Blechpaket aus. Nur so können kurzzeitig hohe Ströme über eine Luftspule geleitet werden, ohne dass diese ihre Nenninduktivität verliert und ohne, dass das zur magnetischen Verstärkung üblicherweise verbaute Kernmaterial in Sättigung geht.
Der vermeintliche Nachteil von solchen Luftspulen, ihre Größe, kehrt sich bei genauer Betrachtung jedoch in einen entscheidenden Vorteil um. Die Spule hat konstruktionsbedingt mehr Windungen, weshalb sich die angelegte Betriebsspannung auf viele Windungen aufteilt, was wiederum zu einer geringeren Windungsspannung und somit zu einer höheren Durchschlagfestigkeit führt.
Die Wicklung der Luftspule selbst ist als Aluminium-Wicklung ausgeführt, um das Gewicht der Luftspule zu reduzieren – die Isolation wurde als Flächenisolierung aus durchschlagfester Drei-Schicht-Folie ausgeführt. Bedingt durch die Größe der Spule sind die Isolationsabstände mehr als ausreichend und dadurch ist auch für einen sicheren Betrieb im Mittelspannungsbereich genügend Abstand in puncto Luft- und Kriechstrecken gewährleistet.
Die thermischen Eigenschaften
Für die thermische Überlastfähigkeit bei dieser Luftspulenkonstruktion sorgt eine ausgeklügelte Fremdbelüftung. Zusätzlich ermöglichen zahlreiche Wicklungs-Anzapfungen, die bei der Konstruktion der Spulen berücksichtigt wurden, einen optimierten Prüfbetrieb vor Ort.
Um die physikalischen Kräfte, einerseits durch den Stromfluss von bis zu 3.000 A beim laufenden Betrieb der Luftspule und andererseits auch beim Transport, im Griff zu behalten, setzten die Entwickler bei Bürkle + Schöck auf glasfaserverstärktes Material für den Spulenkörper und den Spulenständer.
Eine abschließende Tränkung der Spule mit Austrocknung des Harzes verbessert nicht nur die thermischen und mechanischen Eigenschaften der Spule selbst, sondern auch deren Umweltbeständigkeit. Alles in allem beträgt der Durchmesser einer solchen Luftspule ca. 1.800 mm, bei einem Gewicht von ca. 2,2 t.
Nach Fertigstellung der drei Luftspulen wurden diese bei Bürkle + Schöck als mobiles Prüfsystem in einem Standard-20-Fuß-Container verbaut. Für einen reibungslosen Betrieb mussten ausreichende Luft- und Kriechstrecken berücksichtigt werden, darüber hinaus galt es beim Einbau der Luftspulen in den Container, auch magnetische Abstände genau einzuhalten, um Rückwirkungen auf die Spulen auszuschließen.
Luftspulen im XXL-Format
Mit der Leistungszunahme moderner Windräder werden auch neue Anforderungen an die Prüfsysteme gestellt – konkret, eine deutlich erhöhte Induktivität bei einer Betriebsspannung von 72 kV und Strömen von bis zu 3.000 A.
Bei der Berechnung und der Konstruktion dieser XXL-Luftspulen stellten die elektrischen Eigenschaften, die internen Windungsspannungen sowie die internen Spannungsabstände keine großen Probleme dar. Hier konnte Bürkle + Schöck auf die Erfahrungen beim Bau der ersten großdimensionierten Luftspulen zurückgreifen. So konnte die Grundkonstruktion angepasst als Basis für die XXL-Luftspulen dienen – im Gegensatz zu den »kleineren« Luftspulen wurden nun drei einzelne Teilspulen gewickelt und dann zu einer XXL-Luftspule zusammengebaut.
Die echte Herausforderung bestand jedoch in der mechanischen Festigkeit der Luftspulen, denn der in der Theorie ermittelte Durchmesser einer kompletten Luftspule liegt bei ca. 3.000 mm, bei einem Gesamtgewicht von ca. 6,8 t.
Bei solchen XXL-Dimensionen sind die physikalischen Kräfte durch den Stromfluss im laufenden Betrieb der Luftspule und bei deren Transport in besonderem Maße zu berücksichtigen. Auch hier setzten die Entwickler bei Bürkle + Schöck wieder auf Bewährtes – nämlich auf glasfaserverstärktes Material für den Spulenkörper und den Spulenständer, nur eben dieses Mal um den Faktor 3 größer als bisher.
Erfolgreicher Projektabschluss
Das Projekt »XXL-Luftspulen« konnte von Bürkle + Schöck mit der Verladung der drei Luftspulen durch einen Schwerlastkran auf einen 40-Tonnen-Lkw im vorgegebenen Zeitrahmen erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Alle Projektbeteiligten waren und sind sich einig: Bürkle + Schöck ist weltweit wohl das einzige Unternehmen, das die elektrotechnische Kompetenz, die Expertise und die Fertigungsmöglichkeiten besitzt, um Luftspulen im XXL-Format (Bild 2) herzustellen.
Übrigens: Luftspulen sind nicht nur für Großanwendungen einsetzbar, sondern eignen sich hervorragend für elektrotechnische Anwendungen, bei denen minimale Dimensionen gefordert sind. Bürkle + Schöck fertigt seine hochwertigen Produkte ausschließlich in Deutschland und ist nicht nur deshalb ein zuverlässiger Industriepartner bei Sonderanfertigungen von Luftspulen – vom Einzelstück bis hin zur Großserie.