Bereits seit über vierzig Jahren sind strahlende Kabel die zuverlässige und stabile Lösung, wenn es um die homogene Funkabdeckung innerhalb von Tunneln, Gebäuden oder Industrieanlagen geht (Bild 1). Auch mit WLAN im 5-GHz-Bereich werden die Kabel genutzt, wo sie in Hochregallagern oder Fertigungslinien eingesetzt werden. Die neue 5G-Technik im Mobilfunk eröffnet ebenfalls neue Möglichkeiten, stellt aber auch neue Aufgaben an strahlende Kabel. Die neueste Entwicklung ist die Erweiterung des WLAN-Bandes bis über 6 GHz hinaus. Diese bringt auch neue Features für die allgemein verfügbare und günstigere Funktechnik WLAN, so dass sie auf den fast gleichen Stand wie 5G gebracht wird.
Neue Entwicklungen für die Automatisierung
5G und WLAN (IEEE802.11) liefern sich einen Wettstreit um die beste Funktechnik für den Einsatz in der Automatisierung. 5G wurde angekündigt als die Mobilfunk-Lösung mit geringster Latenz und sehr hohen möglichen Bandbreiten. Gerade für Applikationen auf dem Firmengelände, der Baustelle oder unter Tage wurde das Frequenzband von 3700 … 3800 MHz reserviert. Der Vorteil für den Nutzer ist dabei, dass in einem lizensierten Frequenzband höhere Leistungen genutzt werden können und somit auch höhere Datenraten erreicht werden können. Da das Band lizensiert ist, werden Angriffe auf die Funkverbindung erschwert, weil es nur vom Lizenznehmer genutzt werden darf.
WLAN ist der Standard nach IEEE802.11, der ursprünglich für eine drahtlose Anbindung zwischen PCs und Tablets gedacht war. Die genutzte Bandbreite war begrenzt, die Übertragungsrate und -Qualität waren reduziert, auch um Kosten zu sparen. Die Technik hat sich sehr schnell verbreitet und auch im professionellen Umfeld Nutzer gefunden. Das von WLAN genutzte ISM-Band ist nicht lizenzpflichtig, deswegen gibt es Konflikte mit anderen Funktechniken wie Bluetooth oder auch mit 5G im 5-GHz-Band. Die Funkschnittstellen sind aber weit verbreitet und die Geräte relativ günstig. Die Nutzung ist interessant für kleinere Betriebe oder Installationen, wo die Bestellung einer Funklizenz und das teure Mobilfunk-Equipment für 5G die Kosten sprengen würde. Nun geht man mit der Erweiterung des WLAN-Funkbandes bis 6,425 GHz einen Schritt weiter. Und moderne Modulationstechniken wie OFDMA oder MU-MIMO heben die Übertragungsqualität auf das Niveau von 5G (Bild 2).
Wi-Fi (Wireless Fidelity) ist die Marketingorganisation, die für Interoperabilität von WLAN-Geräten eine Zertifikat vergibt. Sie hat für die neuen IEEE-WLAN Funkstandards (802.11ax, 802.11ed etc.) Abkürzungen eingeführt, um diese leichter vermarkten zu können. So spricht man bei den neu hinzugekommenen Bändern von Wi-Fi 6E oder Wi-Fi 7. In der Automatisierung möchte man Konflikte mit anderen Funktechniken vermeiden. Deswegen wird Wi-Fi 6E/7 Zuspruch bekommen, weil sie (zumindest momentan) die einzigen Nutzer des Bandes von 5,945 GHz bis 6,425 GHz sind.
Strahlende Kabel: Wie ein Gartenschlauch mit Löchern
Antennen senden ihre Energie kugelförmig von einem Punkt aus. Durch Fokussierung bzw. Richtcharakteristika können Antennen einen Sende- und Empfangsgewinn erzeugen. Sie haben je nach Typ eine relativ kleine Bauform. Dadurch lassen sich mehrere in einem Gehäuse unterbringen etc. Aber alle unterliegen dem Prinzip, dass sie das Signal nur innerhalb ihres Sichtfelds ungestört zum Empfänger übertragen können.
Der Aufbau von Strahlenden Kabeln unterscheidet sich grundsätzlich von Antennen. Wie ein Koaxialkabel haben sie einen Innenleiter, der meist durch eine Schaumschicht vom Außenleiter getrennt ist. Dieser Außenleiter ist versehen mit Schlitzen, die an einer Seite des Kabels entlang seiner Länge die elektromagnetischen Wellen abstrahlen. Jeder kleine Schlitz bildet im Prinzip eine kleine Antenne. Die Energie des Radiosignals, die in das Kabel gegeben wird, verteilt sich über die Länge des Kabels und wird über die Schlitze wieder abgegeben (Bild 1).
Wie wenn man einen Gartenschlauch zur Bewässerung einer Reihe von Pflanzen genau dorthin legen kann, wo das Wasser abgegeben werden soll, kann das strahlende Kabel so das Radiosignal entlang der Strecke, auf der sich die mobilen Empfänger bewegen, direkt an diese senden. An jeder Stelle entlang des Kabels hat jeder Empfänger eine direkte Sichtlinie zum strahlenden Kabel. Interferenzen, Abschattungen oder andere Manipulationen des Signals finden viel weniger statt, da das Signal direkt zum Empfänger abgestrahlt wird. Die Ausbreitung des Funkfelds entlang des Kabels ist berechenbar und auch dann noch stabil und zuverlässig, wenn sich mehrere Fahrzeuge im Tunnel bewegen.
Systemverluste durch Koppel- und Längsdämpfung
Bevor auf die neuen Herausforderungen eingegangen werden kann, die für strahlende Kabel mit der Einführung von Wi-Fi 6E/7 und 5G entstehen, sollen hier zunächst die Vorgehensweisen und Berechnungsmethoden beschrieben werden, die man anwendet, wenn man strahlende Kabel in einem Funksystem einsetzt.
Das in das Kabel eingespeiste Signal wird auf seinem Weg durch das Kabel durch die Längsdämpfung immer schwächer. Die Längsdämpfung des Kabels steigt mit der Höhe der Frequenz. Zusätzlich wird das Signal bei seinem Weg durch die Luft vom Kabel zum Empfänger gedämpft. Dies wird als Koppeldämpfung bezeichnet (Bild 3). Das Signal, das in das Kabel mit einer gewissen Signalstärke eingespeist wird, muss beim Empfänger mit einer Mindestsignalstärke ankommen, damit noch eine vernünftige Kommunikation möglich ist. Die Summe der Dämpfungen, die das Signal durch das Kabel (Längsdämpfung) und die Koppeldämpfung erfährt, darf also nicht zu groß werden. Damit ist die mögliche Kabellänge begrenzt.
Kabel mit größerem Durchmesser haben eine geringere Längsdämpfung und können so größere Strecken an einem Stück abdecken, als Kabel mit geringerem Durchmesser. Jedoch können Kabel aufgrund ihres Durchmessers nur bis zu einer bestimmten Maximalfrequenz hohe Frequenzen übertragen, ohne dass es zu unerwünschten Effekten wie Laufzeitverschiebungen oder Interferenzen kommt. Möchte man höhere Frequenzen übertragen, muss der Kabeldurchmesser geringer werden, was dem Wunsch nach möglichst geringer Längsdämpfung entgegensteht (Bild 4).
Um nun einen langen Tunnel, eine Fertigungslinie oder eine Achterbahn mit strahlenden Kabeln auszustatten, wird es ab einer gewissen Länge notwendig sein, Zwischenverstärker, sogenannte Repeater oder bei WLAN neue Access-Points einzusetzen. Da die teuerste Komponente in einem System immer die aktive Hardware ist, möchte man deren Anzahl möglichst geringhalten. Berücksichtigt man die Gegebenheiten von Frequenz, Längs- und Koppeldämpfung, besteht für den Systemplaner die Aufgabe darin, jenes für die Anwendung am besten geeignete Kabel zu finden, das möglichst lang werden kann.
Typische Kabeldurchmesser, die in Gebrauch sind, sind die Formate 1/2" , 7/8" , 1 ¼" und 1⅝". Die Kabel mit 1⅝" haben
naturgemäß die geringste Längsdämpfung. Steigt die Frequenz, wie sie z. B. aktuell für LTE in Gebrauch ist, auf 2,6 GHz, erreichen auch 1 ⅝"-Kabel nur noch eine sinnvolle Länge von 500 m. Im selben Tunnel müssen dann doppelt so viele aktive Komponenten verbaut werden.
Cut-off-Frequenz
Der Grund, warum Kabel mit größerem Durchmesser nur bis zu einer bestimmten Frequenz genutzt werden können, liegt in der Cut-Off-Frequenz. Diese gilt für alle Kabel, die nach dem Koax-Prinzip aufgebaut sind. In einem Koaxialkabel bewegt sich die elektromagnetische Welle im Dielektrikum zwischen Innen- und Außenleiter. Diese Welle besteht aus dem elektrischen und magnetischen Feld, die senkrecht zueinanderstehen (Bilder 5 und 6).
Die transversale Fortpflanzung der Welle mit zueinander vertikal stehenden E- und H-Feldern wird als TEM-Modus bezeichnet und ist nur dann gegeben, so lange die halbe Wellenlänge nicht größer wird als der Kabeldurchmesser. Diese maximale Frequenz wird als Cut-Off-Frequenz bezeichnet (Bild 7).
Sobald die halbe Wellenlänge kürzer wird als der Kabeldurchmesser, die Frequenz also über die Cut-Off-Frequenz steigt, entstehen Wellenbewegungen, die nicht mehr zwingend in Propagationsrichtung verlaufen oder sich mit anderer Geschwindigkeit als die Ursprungswelle bewegen. Dies wird als TE11-Mode bezeichnet (Bild 8).
Diese Mode kann den Signalfluss beeinträchtigen durch Auslöschung oder Interferenz. Der Signalfluss ist so nicht mehr berechenbar und kontrollierbar. Deswegen kann die Nutzung des Koaxial- bzw. strahlenden Kabels oberhalb der Cut-Off-Frequenz nicht empfohlen werden.
Die Herausforderung durch 5G und Wi-Fi6E/7
Jenseits von ca. 2,8 GHz sind 1 ⅝"-Kabel wegen den Cut-Off-Frequenzen nicht mehr einsetzbar. Kabel mit 1 ¼" erreichen höhere Frequenzen, können aber wegen ihrer höheren Längsdämpfung nur kürzere Strecken abdecken.
Eines der Versprechen von 5G ist es, die verfügbare Datenrate für jeden Nutzer nochmals zu erhöhen. Bereits mit LTE (wird auch als 4G bezeichnet) werden schon komplexe Modulations- und Übertragungsverfahren eingesetzt wie »MiMo« (Multiple Input – Multiple Output), um die Datenraten zu erhöhen. Mit 5G wird an diesen Stellschrauben weiter gedreht und noch komplexere und ausgefuchstere Übertragungsverfahren eingesetzt. Die einfachste Möglichkeit jedoch, die Datenrate auf einer Trägerfrequenz zu erhöhen, ist die Anhebung der Frequenz selbst.
Somit wurde der Kanal n78 nun von »WiMAX« übernommen und für 5G reserviert. Dieser Kanal ist definiert von 3,3 GHz bis 3,8 GHz. Der untere Bereich von 3,5 GHz bis 3,6 GHz soll für Bahnanwendungen genutzt werden, 3,7 GHz bis 3,8 GHz steht für Automatisierungsanwendungen zur Verfügung. Für LTE wurde bislang als höchste Frequenz 2,7 GHz verwendet. Es ist also ein Sprung von einem guten Gigahertz nach oben.
Analog dazu ist auch für WLAN die Nutzung des neuen Bandes von 5,925…6,425 GHz primär eine Möglichkeit, höhere Datenraten zu übertragen. Es kommen neue Kanäle hinzu, die helfen, mehr Geräte gleichzeitig im Netz zu versorgen. Die neuen Modulationsverfahren wie OFDMA tragen dem Rechnung.
Die Aufgabe an strahlende Kabel wird damit klar: nach Möglichkeit sollen in einer typischen Installation nicht mehr aktive Geräte notwendig werden als bislang. Das Kabel soll also eine ähnliche Performance bieten wie bisher bei 2,7 GHz für 5G, oder bei 5,4 GHz für WLAN. Dies jedoch bei einem Gigahertz höherer Frequenz und gleichzeitig geringerem Kabelquerschnitt.
Stellschrauben
Die Möglichkeiten, durch Konstruktions- oder Materialänderungen die Längsdämpfung zu beeinflussen, sind sehr gering. Ein strahlendes Kabel mit seinen Schlitzen, wobei jeder Schlitz für sich einen Energieverlust bedeutet, wird nie besser werden können als ein vergleichbares 50-Ohm-Koaxialkabel. Um die Impedanz von 50 Ω zu erhalten, muss der Abstand zwischen Innen- und Außenleiter gleichbleiben. Um die Performance des Kabels zu erhöhen, muss man an anderer Stelle ansetzen.
Da ein übliches 1¼"-Koaxialkabel seine Grenzfrequenz bei ca. 3,7 GHz hat, kann es im Kanal n78, der ja bis 3,8 GHz geht, zu Übertragungsschwierigkeiten kommen. Gerade bei Installationen in Eisenbahntunneln möchte man aber nicht auf einen kleineren Durchmesser wechseln wie 7/8 " , da dann die Längsdämpfung deutlich höher ist. Dieses Dilemma konnte gelöst werden, indem die Fortpflanzungsgeschwindigkeit im Kabel erhöht wurde. So konnte die Cut-Off-Frequenz des »Eucaray RMC114-G« über 3,8 GHz angehoben werden. Es ist das erste am Markt verfügbare strahlende Kabel, das speziell für den 5G-Kanal n78 entwickelt wurde.
Es bleibt noch die Koppeldämpfung für die Einflussnahme auf die Performance des strahlenden Kabels. Diese wird durch das Schlitzdesign beeinflusst. Die Maße, Abstände und Größe der Schlitze bestimmen das Abstrahlverhalten des Kabels. Vereinfacht gesagt: Schafft man es, die Energie, die im Kabel ist, möglichst effizient zum Empfänger zu bringen, dann verringert man die Koppeldämpfung.
Den Ingenieuren des Kabelwerk Eupen AG ist es gelungen, hier entscheidende Fortschritte zu machen. Durch das patentierte Schlitzdesign der Eucaray-Kabel wird eine erhöhte elektrische Feldstärke an der Stelle erzeugt, wo sich der Empfänger bewegt. Die Schlitze sind dafür in einer Art Antennen-Array angeordnet. Die von jedem einzelnen Schlitz ausgesendeten Wellen beeinflussen sich gegenseitig so, dass die Richtung des elektrischen Feldes gekippt wird. Durch das Kippen des Feldes erhöht sich die Feldstärke. Dieses Verhalten ist frequenzabhängig. Somit ist es möglich, mit dem passenden Schlitzdesign Kabel zu entwickeln, die auf ein bestimmtes Frequenzband hin optimiert werden und dort eine besonders geringe Koppeldämpfung aufweisen.
Strahlende Kabel für 5G und Wi-Fi6E/7
Mit dem neuen Eucaray RMC114-G und dem Eucaray RMC78-G verfügt das Kabelwerk Eupen AG nun über zwei Kabel, die erstmals explizit für den Einsatz im Frequenzbereich des Kanal n78, der für 5G - Applikationen mit hoher Datenrate vorgesehen ist, optimiert sind und gleichzeitig eine sehr geringe Längsdämpfung aufweisen.
Für Wi-Fi6E/7 kommen strahlende Kabel mit ½" zum Einsatz:
- Das Eucaray RMC12-EH ist ein ½"-Kabel, das mit Blick auf Automatisierungsanwendungen entwickelt wurde. Der geringe Durchmesser macht es flexibel und damit einfach zu montieren in Installationen, wo häufig beengte Verhältnisse herrschen und enge Biegeradien gefordert sind. Jedoch hat es bauartbedingt eine hohe Längsdämpfung und eignet sich somit am besten bei Lösungen, wo Kabellängen bis 150 m sinnvoll sind. Es unterstützt nicht nur 5G sondern auch WLAN im 2,4 GHz und 5-GHz-Band.
- Mit dem Eucaray RMC12-XH gibt es eine Variante, die bis 6,425 GHz hin optimiert wurde.
Fazit
Strahlende Kabel sind traditionell die beste Lösung, um per Funk in geschlossenen Räumen homogen und zuverlässig zu kommunizieren. Diese Kabel – die eigentlich Antennen sind – basieren auf der Konstruktion eines Koaxialkabels. Und dies hat Auswirkungen auf den Einsatzbereich der Kabel. Um die die neuen Frequenzbänder von 5G und Wi-Fi 6E/7 zu unterstützen, muss man die Cut-Off-Frequency berücksichtigen.
Dickere Kabel haben zwar eine niedrigere Längsdämpfung und können somit längere Strecken abdecken. Deren Grenzfrequenz liegt aber niedriger als die oben genannten neuen Bänder. Das kann nur mit Kabeln von geringerem Durchmesser erreicht werden, die aber eine höhere Längsdämpfung haben. Mit dem Patent des Kabelwerks Eupen, das das Design der Schlitze beschreibt, ist es möglich, den zweiten Parameter der Kabel zu »tunen«, die Koppeldämpfung. So wird es möglich, die schlechtere Längsdämpfung von Kabeln mit geringerem Durchmesser zu kompensieren.
Das Kabelwerk Eupen hat neue Kabeltypen entwickelt, die den Anforderungen von 5G und Wi-Fi 6E/7 entsprechen. Der Einsatz von strahlenden Kabeln sowohl im Verkehrs- und Infrastrukturbereich als auch in der Automatisierung bleibt eine optimale Lösung in geschlossenen Umgebungen auch bei Einsatz höherer Frequenzbänder.
Weitere Informationen sowie Produktdatenblätter finden Sie auf der Webseite der Eupen AG unter: www.eupen.com
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