So ist im industriellen Umfeld meistens ein ganzes System an Überwachungskameras zu finden, welche über eine Zentrale miteinander verbunden sind. Damit ist es auch immens wichtig, die Videozentrale effektiv zu schützen, damit ein Überspannungsereignis nicht auf das gesamte System übergreifen kann und ggf. auch andere Teile der elektrischen Anlage geschädigt werden.
Die Pflicht: was die Normen fordern
Elektrische Anlagen die nach dem 14.12.2018 in Betrieb genommen, erneuert, oder erweitert werden, müssen gegen Überspannungen infolge von atmosphärischen Einflüssen, oder Schalthandlungen geschützt werden. Durch den Einbau von Überspannungsschutzeinrichtungen (engl.: Surge Protection Device, SPD) soll eine Spannungsbegrenzung entsprechend der Isolationskoordination sichergestellt werden, um gefährliche Funkenbildung und daraus resultierende Brände zu vermeiden.
Dabei regelt die DIN VDE 0100-443 die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gegen Überspannungen infolge von atmosphärischen Einflüssen und die DIN VDE 0100-534 beschreibt die Auswahl und die Errichtung von Überspannungsschutzeinrichtungen. Des Weiteren finden sich in der VDE 0100-534 Hinweise zum wirksamen Schutzbereich von Überspannungsschutzeinrichtungen.
Bei Leitungslängen größer 10 m zwischen Überspannungsschutzeinrichtungen und den zu schützenden Betriebsmitteln sollten unter Berücksichtigung der Spannungsfestigkeit der Betriebsmittel/Endgeräte zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dazu zählt auch die Errichtung einer zusätzlichen Überspannungsschutzeinrichtung (Typ-3-Ableiter) so nah als möglich am zu schützenden Betriebsmittel.
Verantwortlich für die Umsetzung des gebäudeseitigen Überspannungsschutzkonzeptes ist der Fachplaner, bzw. der Errichter der elektrischen Anlage. Der Schutz der Anlage ist vom Errichter sicherzustellen. Bei der Auswahl der entsprechenden Überspannungs-Schutzgeräte für Videoüberwachungsanlagen sollten die Empfehlungen der Hersteller der Videoüberwachungsanlage berücksichtigt werden. Nur der Einsatz der vom Hersteller freigegebenen und in Kombination getesteten Komponenten garantiert die fehlerfreie Funktion.
Bei einer ausreichenden Leitungslänge (10 m) zwischen bauseitigem Überspannungsschutz, üblicherweise Typ-2-Ableiter in der Unterverteilung und dem Typ-3-Ableiter vor einem Endgerät, wird von einer ordnungsgemäßen Koordination zu beliebigen Typ-3-Ableitern (herstellerunabhängig) ausgegangen (VDE/ABB 6/2011).
Wirkungsvoller Schutzkreis und seine Komponenten
Das Schutzkreisprinzip beschreibt eine lückenlose Maßnahme zum Schutz vor Überspannungen. Dabei ist gedanklich ein Kreis um das zu schützende Objekt zu ziehen. An allen Stellen, an denen Leitungen diesen Kreis schneiden, sind Überspannungsschutzgeräte zu installieren. Die Nenndaten des jeweiligen Stromkreises sind bei der Auswahl der Schutzgeräte zu berücksichtigen. Damit ist der Bereich innerhalb des Schutzkreises so gesichert, dass leitungsgebundene Überspannungseinkopplungen konsequent vermieden werden. Das Schutzkreiskonzept (Bild 2) lässt sich in folgende Bereiche unterteilen:
- Stromversorgung
- Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik
- Informationstechnik
- Sende- und Empfangsanlagen.
Doch welche Komponenten benötigt man für einen wirkungsvollen Überspannungsschutz bei Videoüberwachungsanlagen? Grundlegend wird empfohlen, die Videozentrale im Inneren des Gebäudes über einen netzstromseitigen Überspannungsschutz in Form eines Typ-3-Ableiters zu schützen. Für einen wirkungsvollen Schutz vor Überspannungen sind auch alle an das System angeschlossene Daten- und Antennenleitungen in das Schutzkonzept mit einzubeziehen.
Kameraanbindung über Power over Ethernet (PoE)
Bei der Kameraanbindung über PoE werden die Videokameras direkt über die Ethernetleitung mit Spannung versorgt, sodass eine separate Leitung für die Spannungsversorgung entfällt. Der Überspannungsschutz »DT-LAN-CAT.6+« (Bild 3) von Phoenix Contact ist zum Beispiel für den Schutz von PoE-basierten Ethernetleitungen konzipiert. Er kann bei Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 10 Gbit/s und somit auch für Übertragungen in Echtzeit eingesetzt werden.
Für einen umfassenden Schutz der Videozentrale sowie auch der Videokameras ist zu beachten, dass sowohl ein Überspannungsschutz vor der Kamera als auch am Gebäudeeintritt vor der Videozentrale vorgesehen wird. Die Einbaurichtung ist auf dem Produkt mit den Worten »unprotect/IN« und »protect/OUT« gekennzeichnet.
Kameraanbindung über Koaxial-Leitung
Bei der Kameraanbindung über Koaxial-Leitung erfolgt die Übertragung der Bilddaten getrennt zur Spannungsversorgung. Dies bedeutet, es ist sowohl für die Datenleitung, als auch für die separate Leitung für die Spannungsversorgung ein Überspannungsschutz vorzusehen. Zum Schutz vor Überspannungen auf der Koaxial-Leitung eignet sich ein Produkt aus der »C-UFB«-Serie, ein Zwischenstecker mit Überspannungsgrob- und -feinschutz für koaxiale Signalschnittstellen von Phoenix Contact. Dieser Überspannungsschutz beinhalt mehrere Schutzstufen, sodass keine Unterscheidung hinsichtlich unterschiedlicher Standorte der Kameras getroffen werden muss.
Für den Schutz der Spannungsversorgung spielt der Standort eine wichtige Rolle. Ist eine Videokamera direkt an der Gebäudehülle montiert und befindet sich im blitzgeschützten Bereich bzw. handelt es sich um ein Gebäude ohne äußeren Blitzschutz, so genügt ein Typ-2-Ableiter zum Schutz vor Überspannungen indirekter Blitzereignisse und Schalthandlungen (Bild 4).
Befindet sich hingegen eine Kamera außerhalb des blitzgeschützten Bereichs, beispielsweise an einer ungeschützten, hervorstehenden Dachkante oder ist an einem Mast auf freiem Feld befestigt, so muss mit direkten Blitzströmen gerechnet werden. Es ist ein Typ 1 geprüfter und damit blitzstromtragfähiger Überspannungableiter einzusetzen. Für einen umfassenden Schutz der Zentrale inklusive der Kameras, ist ebenfalls wie bei Anbindung über PoE ein Überspannungsschutz an beiden Leitungsenden vor den jeweilig zu schützenden Komponenten vorzusehen.
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