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Prüfen von Mode-3-Ladeeinrichtungen

E-Handwerk sichert Elektromobilität (1)

Aktuelle Zahlen der Bundesnetzagentur zu öffentlich zugänglichen Ladepunkten vom 12.12.2023 zeigen, dass ca. 83 % als Normalladepunkte und 17 % als Schnellladepunkte in Deutschland installiert wurden. Von Normalladepunkten spricht man, wenn die Ladeleistung auf 22 kW beschränkt ist. Im privaten Bereich ist davon auszugehen, dass nahezu ausschließlich Normalladepunkte installiert werden, was die Wichtigkeit dieser Ladeinfrastruktur verdeutlicht, auf die sich dieser Beitrag ­bezieht. Mit der immer weiter steigenden Anzahl an Normalladepunkten i. d. R. mit 11 kW und 22 kW steigt auch die Anzahl der unterschiedlichen Hersteller und deren Umsetzungsvarianten der Produktnorm DIN EN IEC 61851-1 (VDE 0122-1):2019-12 an.

Diese Fakten fordern das Elektrohandwerk heraus, das die immer komplexer werdenden Ladeeinrichtungen installieren, in Betrieb nehmen und prüfen muss. Neben der allgemeinen Handhabung treten insbesondere beim Thema »Prüfen von Ladeeinrichtungen« eine Menge Praxisfragen auf. Dieser Beitrag beschränkt sich aufgrund der mehrheitlich im TN-System angeschlossenen Ladeinfrastruktur in Deutschland auf die Darstellung dieser Netzform.

Ladeeinrichtungen nach Ladebetriebsart 3

Das konduktive Laden mit Wechselstrom ist das einfachste und derzeit gängigste Ladeverfahren. Alle marktüblichen E-Fahrzeuge verfügen über ein eingebautes Ladegerät mit Gleichrichter, das in Fachkreisen als »Onboard-Charger« bezeichnet und in Deutschland mit einer einheitlichen Netzspannung von 400/230 V/50 Hz versorgt wird. Eine solche elektronische Schaltung wird benötigt, um die netzseitige Wechselspannung in eine Gleichspannung umzuwandeln, mit der alle Batterien aufgeladen werden.

Dabei ist die Geschwindigkeit des Ladevorgangs innerhalb der Betriebsgrenzen der Batterie von der Höhe des Ladestroms und damit von der Leistungsfähigkeit des »Onboard-Chargers« abhängig. Mit der Ladeleistung des »Onboard-Chargers« steigen gleichzeitig das Gewicht sowie die Kosten im Fahrzeug. Für höhere Ladeleistungen wird die DC-Ladetechnologie bevorzugt, bei der das Ladegerät in der Ladesäule eingebaut ist. Die in DIN EN IEC 61851-1 (VDE 0122-1):2019-12 definierte Ladebetriebsart 3 (Mode 3) wird in Europa für das ein- bzw. dreiphasige Laden mit Wechselstrom durch eine Typ 2-Steckvorrichtung nach DIN EN 62196-2 (VDE 0632-5-2):2017-11 bei fest installierten Ladestationen bis 63 A Nennstrom genutzt und stellt die gebräuchlichste Betriebsart beim Laden mit Wechselstrom dar.

Alle Schutzeinrichtungen (Fehler- und Überstromschutz) sind wahlweise in der Ladeeinrichtung oder der vorgelagerten Installation gemäß DIN VDE 0100-722 (VDE 0100-722):2016-10 umzusetzen.

Bild 1: Mögliche Anschlussfälle (Cases) der Ladeleitungsgarnitur für die Ladebetriebsart 3
Bild 1: Mögliche Anschlussfälle (Cases) der Ladeleitungsgarnitur für die Ladebetriebsart 3
(Bild: Haub, Muhm)

Die im Bild 1 dargestellten Anschlussfälle der Ladeleitungsgarnitur sind für die Ladebetriebsart 3 möglich. Der Anschlussfall A (Case A) spielt in der Praxis eine untergeordnete Rolle, weshalb im Folgenden die Ausführungen auf die Anschlussfälle B und C beschränkt werden.

Weiterhin erfordert Ladebetriebsart 3 immer eine Basiskommunikation zwischen der Ladeeinrichtung und dem Fahrzeug, über welche Informationen zu den grundlegenden Betriebszuständen über zwei Kontaktpins ausgetauscht werden. Folgende Funktionen sind der Kontroll-/Datenleitung CP (Control Pilot) und dem Ladekabel-Erkennungs-Kontakt PP (Proximity Pilot / Plug Present) zuzuordnen:

  • CP-Kontakt als Kommunikationsleitung: Über die Datenleitung CP teilt die Ladestation dem Elektroauto mit, welcher Ladestrom maximal zur Verfügung steht.
  • PP-Kontakt zur Kodierung der Ladeleitung: Über den PP-Kontakt können sowohl Ladestation als auch E-Fahrzeug erkennen, wie stark die angeschlossene Ladeleitung belastet werden darf. Im Stecker zum Fahrzeug sowie im ggf. vorhandenen Stecker zur Ladeinfrastruktur ist hierzu ein fester Widerstand zwischen PP und dem Schutzleiter eingebaut, dessen Wert angibt, welchen Querschnitt die Adern der Ladeleitung aufweisen.

Eine zusätzliche so genannte High-Level-Kommunikation ist bei der Ladebetriebsart 3 optional vorgesehen und in der Normen­reihe DIN EN ISO 15118-x beschrieben. Diese High-Level-Kommunikation erlaubt den Austausch von zahlreichen Daten, wie z. B. Angaben zum Energiebedarf, der geplanten Dauer des Ladevorgangs sowie Informationen zum Preis und zur Abrechnung, und wird zukünftig den bidirektionalen Betrieb ermöglichen.

Bild 2: Gliederung der Prüfungen
Bild 2: Gliederung der Prüfungen

Grundsätze beim Prüfen von Ladeeinrichtungen Mode 3

Grundsätzlich gilt, dass nach der Norm DIN VDE 0100-722 (VDE 0100-722):2019-06  Stromkreise, die zum Laden von Elektrofahrzeugen vorgesehen sind, als Teil der elektrischen Installation gelten. Festinstallierte Ladeeinrichtungen nach Ladebetriebsart 3 (Mode 3) sind somit nach der Normenreihe DIN VDE 0100 Bestandteil der ortsfesten elektrischen Anlage. Bei jeder neu installierten, geänderten oder erweiterten Anlage ist die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen in einer Erstprüfung nach DIN VDE 0100-600:2017-06, bevor sie in Betrieb genommen wird, nachzuweisen. Weiterhin ist während des Betriebes der elektrischen Anlage die Einhaltung der Anforderungen durch eine wiederkehrende Prüfung nach DIN VDE 0105-100/A1:2017-06  nachzuweisen. Dies stellt den ordnungsgemäßen Erhalt des Zustandes nach den geltenden Sicherheitsvorschriften und den Errichternormen sicher. Beide Prüfungen sind ähnlich durchzuführen und gliedern sich nach Bild 2 in Besichtigen, Erproben und Messen.

Bild 3: Prinzipieller Aufbau einer Mode-3-Ladeeinrichtung
Bild 3: Prinzipieller Aufbau einer Mode-3-Ladeeinrichtung

(Bild: Bender)

Es ist jeweils ein Prüfbericht durch eine Elektrofachkraft zu erstellen. Zusätzlich zu den Normen für die Prüfungen müssen die Angaben der Hersteller der Ladeeinrichtungen beachtet werden. Bild 3 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Mode-3-Ladeeinrichtung.

Allgemein ist zu beachten, dass beim Laden eines E-Fahrzeuges dauerhaft hohe Ladeströme fließen können und eine Überlastung der vorhandenen Elektroinstallation zu vermeiden ist. In jedem Fall sollte die vorhandene Installation durch eine Elektrofachkraft geprüft und für das Laden von Elektrofahrzeugen entsprechend der Anforderungen nach DIN VDE 0100-722 installiert bzw. ertüchtigt werden.

Tabelle 1: Besichtigen – Auswahl von Prüfungen bei Erst- und wiederkehrender Prüfung
Tabelle 1: Besichtigen – Auswahl von Prüfungen bei Erst- und wiederkehrender Prüfung

Erstprüfung und wiederkehrende Prüfung

Im Falle einer Ladeeinrichtung nach Ladebetriebsart 3 (Mode-3-Ladeeinrichtungen) überschneiden sich durch die Definition des Anschlusspunktes als »Abschlusspunkt einer ortsfesten Installation, über den Energie an das / aus dem Elektrofahrzeug übertragen wird« die Anwendungsbereiche der Niederspannungsinstallationsnorm DIN VDE 0100-722 und der Produktnorm DIN EN IEC 61851-1 (VDE 0122-1):2019-12. Entsprechend sind beide Normen im Zuge der Erst- und wiederkehrenden Prüfung zu berücksichtigen. Generell gilt, dass in jedem Fall neben den Anforderungen der Produktnorm sowohl die Erst- als auch die wiederkehrende Prüfung unter Beachtung der Herstellerdokumentation erfolgen muss. Die Vorgaben des Herstellers erlangen insbesondere vor dem Hintergrund der immer höheren Integrationsdichte in den Ladeeinrichtungen zunehmend an Bedeutung, um Schäden z. B. an integrierten Überspannungsschutzelementen (SPD) zu vermeiden.

Der Beitrag beschreibt im Folgenden die zu beachtenden Punkte beim Prüfen von Mode-3-Ladeeinrichtungen. Die Gesamtheit der Prüfanforderungen für Erst- und wiederkehrende Prüfungen ist in insgesamt drei Tabellen zusammengefasst, wovon wir hier im ersten Beitragsteil zunächst die Tabellen 1 und 2 vorstellen. Die Tabellen unterliegen dem Grundsatz, dass grundsätzlich die Reihenfolge »Besichtigen«, dann »Erproben und Messen« einzuhalten ist. Das Besichtigen ist von grundlegender Bedeutung und sollte vollumfänglich durchgeführt werden. Mit dem Erproben wird die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen nachgewiesen. Messen ist das Feststellen von Werten, um die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen sicher beurteilen bzw. nachweisen zu können.

Generell ist dabei zu berücksichtigen, dass abhängig vom Anschlussfall, die Prüfanforderungen entweder bis zur Fahrzeugkupplung (Bild 1, Case B) oder bis zur Fahrzeug-Steckdose (Bid 1, Case C) gelten. Bei dem Anschlussfall nach Bild 1, Case B, ist die Ladeleitungsgarnitur nicht Teil der ortsfesten elektrischen Anlage. Entsprechend greift für die Überprüfung der Ladeleitungsgarnituren die Anforderungen der DIN EN 50699 (VDE 0702):2021-06 [8] für die wiederkehrende Prüfung.

Tabelle 2: Erproben – Auswahl von Prüfungen bei Erst- und wiederkehrender Prüfung
Tabelle 2: Erproben – Auswahl von Prüfungen bei Erst- und wiederkehrender Prüfung

Besichtigen – Teilaspekt elektrischer Schutz

An dieser Stelle betrachten wir nun Auswahl und Einbauort der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) pro Anschlusspunkt nach VDE 0100-722.411.3.3 und 722.531.3.101 – sprich: Schutz gegen elektrischen Schlag sowie automatische Abschaltung. Einer der am häufigsten diskutierten Punkte beim Prüfen von Mode-3-Ladeinfrastruktur stellt die Auswahl und die daraus abgeleitete Notwendigkeit zur Prüfung der RCD mit IΔN ≤ 30 mA sowie die in der Ladeeinrichtung angeordnete 6-mA-Gleichstromfehlerüberwachung (RDC-DD) dar. Im Rahmen, der durch Messen zu überprüfenden Schutzmaßnahme »Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung« ist die RCD wie in jedem anderen Endstromkreis zu betrachten.

Die oben bereits erwähnte Gleichstromfehlerüberwachung (RDC-DD) in der Ladeeinrichtung ist eine Überwachungseinrichtung und stellt demnach keine Schutzeinrichtung dar. Sie misst auftretende Gleichfehlerströme in der Ladeeinrichtung, und schaltet beim Überschreiten einer DC-6-mA-Grenze die Ladeeinrichtung ab. Somit wird eine RCD des Typs A in der vorgelagerten Installation in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt.

Entsprechend Tabelle 3 gilt, dass Abschaltzeiten und Auslöseströme der Schutzpegel­erhöhung durch die RDC-DD nach IEC 62955:2018-03 [9] nicht gemessen werden müssen. Bei der Prüfung durch Besichtigen ist demnach festzustellen, dass die Schutzeinrichtungen (Leitungsschutzschalter und RCD) korrekt ausgewählt sind. Ist die Installation einer Ladeeinrichtung durch eine RCD des Typs A geschützt, ist aus der Montage- und Bedienungsanleitung des Herstellers der Ladeeinrichtung festzustellen, dass ein RCD des Typs A ausreicht und dass die Ladeeinrichtung über eine integrierte Gleichfehlerstromüberwachung (RCD-DD) verfügt.

Messen – Teilaspekt elektrischer Schutz

Auf Basis der zuvor genannten immer höheren Integrationsdichte in den Ladeeinrichtungen sind insbesondere bei der Messung des Isolationswiderstandes die Angaben der Hersteller zu beachten, um Schäden beim Messen z. B. an integrierten Überspannungsschutzelementen zu vermeiden.

Da kaum noch Hutschienengeräte insbesondere in den für den Heimbereich entwickelten Ladeeinrichtungen eingesetzt werden, ist die Zugänglichkeit für das Messen in der Ladeeinrichtung kaum noch gegeben.

(Fortsetzung folgt)

Literaturverzeichnis
  • [1] DIN EN IEC 61851-1 (VDE 0122-1):2019-12, Konduktive Ladesysteme für Elektrofahrzeuge – Teil 1: Allgemeine Anforderungen
  • [2] DIN EN IEC 62196-x (VDE 0623-5-x), Stecker, Steckdosen, Fahrzeugkupplungen und Fahrzeugstecker – Konduktives Laden von Elektrofahrzeugen
  • [3] DIN VDE 0100-722 (VDE 0100-722):2019-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 7-722: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Stromversorgung von Elektrofahrzeugen
  • [4 ] DIN EN ISO 15118-x, Straßenfahrzeuge – Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladestation
  • [5] DIN VDE 0100 (VDE 0100), Errichten von Niederspannungsanlagen
  • [6] DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600):2017-06, Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen  
  • [7] DIN VDE 0105-100/A1 (VDE 0105-100/A1):2017-06,  Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100: Allgemeine Festlegungen; Änderung A1: Wiederkehrende Prüfungen
  • [8] DIN EN 50699 (VDE 0702):2021-06, Wiederholungsprüfung für elektrische Geräte
  • [9] IEC 62955:2018-03, Residual direct current detecting device (RDC-DD) to be used for mode 3 charging of electric vehicles.
Über die Autoren
Autorenbild
Dipl.-Ing. Helmut Muhm

Bereichsleiter Monitoring Grounded Systems, Bender, Grünberg

Autorenbild
M.Eng. Dennis Haub

ebee Smart Technologies GmbH, Berlin, Mitglied in diversen Gremien und Arbeitskreisen bei DIN, DKE, FNN, CENELEC, ISO und IEC

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