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Erläuterungen zum Normenbeiblatt DIN VDE 0100-520 Beiblatt 2

Dimensionierung von Querschnitten für Kabel und Leitungen und deren Schutz

Bild 1: Deckblatt des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
Bild 1: Deckblatt des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Anwendungsbereich des Beiblatts 2

Im Beiblatt 2 werden Aussagen aus verschiedenen Normen – z.B. DIN VDE 0100-520, DIN VDE 0100-430, DIN VDE 0298-4 und DIN VDE 0100:Beiblatt 5 – so zusammengefasst, dass für einfache Querschnittsdimensionierungen allein die Anwendung dieses Beiblatts ausreichend sein kann. Was ist jedoch eine einfache Querschnittsdimensionierung? Im Anwendungsbereich des Beiblatt 2 steht hierzu Folgendes: »Dieses Beiblatt soll dem Normenanwender wichtige Hinweise geben bei der Auslegung von Kabel- und Leitungsanlagen sowie den Überstrom-Schutzeinrichtungen für Wohngebäude und ähnlich genutzte Gebäude.«

Es leuchtet sicherlich ein, dass man auf 20 Seiten im Beiblatt nicht auf alle normativen Vorgaben der o. g. Normen eingehen kann. Deshalb ist es für den Anwender wichtig, die Einschränkungen des Beiblatts zu kennen. Auf diese Einschränkungen wird im Beiblatt 2 ausführlich eingegangen.

Im Beiblatt 2 wird aber durchaus auch auf Einzelheiten eingegangen, die in keiner der o. g. Normen enthalten sind, z. B. die Auswirkungen auf die Verlegeart A1 bzw. A2, wenn Kabel und Leitungen vollständig durch Wärmedämmung umhüllt sind.

Anzumerken ist, dass ein Beiblatt keinen normativen Charakter hat, sondern es dient vor allem der Hilfestellung für den Planer und Errichter einer elektrischen Anlage. Folgende Themen werden im Beiblatt behandelt:

  • Zulässige Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen hinsichtlich der Überlast (dieses Thema wird üblicherweise in der DIN VDE 0294-4 behandelt)
  • Schutz bei Überlast (dieses Thema wird in der DIN VDE 0100-430 behandelt und ist eng mit dem Thema der Strombelastbarkeit verknüpft)
  • Spannungsfall(Aussagen hierzu sind in der DIN VDE 0100-520 enthalten)
  • Abschaltbedingungen (hierbei geht es um das rechtzeitige Abschalten bezüglich des Schutzes gegen elektrischen Schlag nach DIN VDE 0100-410 und bezüglich des thermischen Schutzes bei einem Kurzschluss nach DIN VDE 0100-430)

Zulässige Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen und Schutz bei Überlast

Im Vordergrund steht hier die Auswahl des Kabel- bzw. Leitungsquerschnitts unter Betriebsbedingungen. Um diesen ermitteln zu können, müssen zuerst die Verlegebedingungen, wie Umgebungstemperatur, Referenzverlegeart bestimmt werden. Dabei sollten die folgenden Grundsätze befolgt werden:

  • Bei unterschiedlichen Verlegearten von Kabel und Leitungen ist die jeweils ungünstigste Referenzverlegeart zu berücksichtigen.
  • Werden Kabel oder Leitungen durch Elektroinstallationsrohr oder –kanäle von ≤ 1 m Länge geführt und ist das Rohr oder der Kanal frei in Luft oder auf einer vertikalen Fläche verlegt, ist eine Minderung der Belastbarkeit nicht gefordert.
  • Es wird empfohlen, bei niedrigeren Umgebungstemperaturen als 25 °C die höhere zulässige Strombelastbarkeit nicht zu berücksichtigen, sondern aus Sicherheitsgründen hierfür ebenfalls die Werte nach Tabelle 1 zu verwenden.
Bild 2: Auszug der Tabelle 1 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
Bild 2: Auszug der Tabelle 1 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Ist die Verlegeart bekannt, kann der Querschnitt des Kabels oder der Leitung nach Tabelle 1 des Beiblatts 2 unter Beachtung der folgenden Bedingungen ausgewählt werden (Bild 2). Anwendungsbedingungen für Tabelle 1 des Beiblatts 2:

  • Dauerbetrieb
  • Leiterwerkstoff Cu
  • Betriebstemperatur des Leiters: 70 °C
  • Umgebungstemperatur: 25 °C
  • Kein nennenswerter Oberschwingungsanteil vorhanden
  • Keine Häufung von Kabel und Leitungen.

Diese Einschränkungen stellen für Wohngebäude im Allgemeinen kein Problem dar. Obwohl ein Dauerbetrieb von Stromkreisen zugelassen ist, wird dieser in Wohngebäuden eher selten auftreten. Die üblichen Kabel und Leitungen, wie NYY und NYM, bestehen aus Kupfer und lassen 70 °C am Leiter zu. Und in einem Wohngebäude wird die Umgebungstemperatur auf Dauer nicht über 25 °C steigen, das wäre den dort lebenden Menschen kaum zumutbar.

Bei dem Oberschwingungsanteil geht es im Prinzip um den vierten belasteten Leiter, dem Neutralleiter. Dieser Sachverhalt könnte bei Drehstromkreisen von Interesse sein, z.B. bei Ladestationen für E-Fahrzeuge. Häufungen in Wohngebäuden kann man vermeiden, indem evtl. vorhandene Kabel und Leitungen auf Abstand gehalten werden.

Die Werte in der Tabelle 1 basieren auf den beiden folgenden Gleichungen (Gl.) aus der DIN VDE 010-430:

IB ≤ In ≤ IZ (Gl. 1)

I2 ≤ 1,45 ∙ IZ (Gl. 2).

Legende für Gl. 1 und Gl. 2:

  • IB → Betriebsstrom
  • In → Bemessungsstrom der Überstrom-Schutzeinrichtung
  • IZ → Strombelastbarkeit des Kabels oder der Leitung
  • I2 → Großer Prüfstrom der Überstrom-Schutzeinrichtung.

Die Gl. 1 ist einfach zu verstehen und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Die Aussage der Gl. 2 ist, dass die Überstrom-Schutzeinrichtung erst abschalten muss, wenn die zulässige Strombelastbarkeit IZ um 45 % überschritten wird. Da diese Bedingung bei Leitungsschutzschaltern mit I2 = 1,45 · In immer eingehalten wird, findet die Gl. 2 häufig keine Beachtung.

Bei Schmelzsicherungen liegt der große Prüfstrom I2 in den meisten Fällen jedoch bei 1,6 ∙ In. Aufgrund dieses höheren Faktors wird die Gl. 2 bei Schmelzsicherungen nicht ohne weiteres erfüllt. Damit die Gl. 2 erfüllt wird, muss der Bemessungsstrom der Überstrom-Schutzeinrichtung In ca. 10 % (0,9 = 1,45/1,6) niedriger als die zulässige Strombelastbarkeit IZ ausgewählt werden.

Bei den Werten in der Tabelle 1 sind diese beiden Gleichungen berücksichtigt worden. Dabei wurde nicht wie üblich die Strombelastbarkeit der Kabel und Leitungen angegeben, sondern es wurde der Bemessungsstrom der Überstrom-Schutzeinrichtungen In angegeben. Aufgrund der unterschiedlichen Faktoren zur Berechnung des großen Prüfstroms I2, gibt es teilweise zwei Werte in dieser Tabelle. Der linke Wert bezieht sich auf LS-Schalter und der rechte Wert bezieht sich auf Schmelzsicherungen.

Aus der Gl. 2 geht hervor, dass kleinere Überlastungen für eine gewissen Zeitraum zulässig sind. Das Beiblatt 2 empfiehlt in Fällen, bei denen keine Überlastung erwünscht ist, den Faktor in dieser Gleichung von 1,45 auf 1 zu setzen. Damit ergibt sich für die Gleichung I2 ≤ IZ. Damit wäre ein vollständiger Schutz bei Überlast gegeben. Nicht immer muss dies einen höheren Querschnitt bedeuten. In Wohngebäuden kann auch ein kleinerer Bemessungsstrom der Überstrom-Schutzeinrichtung In gewählt werden. Beispielsweise könnte ein Steckdosenstromkreis mit einem LS-Schalter mit In = 13 A (Typ C) geschützt werden, anstelle mit In = 16 A (Typ B). Diese LS-Schalter sind allerdings teurer.

Schaut man sich die dargestellten Verlegearten in der Tabelle 1 genauer an, fällt bei den Verlegearten A1 und A2 auf, dass Kabel und Leitungen bei diesen Verlegearten nicht vollständig von Wärmedämmung umgeben sind, sondern beispielsweise bei einer Trockenbauwand an einer Seite befestigt sein müssen. Sollten Kabel und Leitungen aus irgend einem Grund direkt in der Wand liegen und damit vollständig von Wärmedämmung umgeben sein, wird im Beiblatt 2 ein Minderungsfaktor nach Tabelle 2 empfohlen. Als Grundlage für diese Minderungsfaktoren werden nicht die Verlegearten A1 oder A2 verwendet, sondern die Verlegeart C.

Spannungsfall

In der neu veröffentlichten Errichtungsnorm DIN VDE 0100-520 gibt es hinsichtlich des Spannungsfall nur noch die Aussage, dass der Spannungsfall vom Hausanschlusskasten bis zum Verbrauchsmittel nicht mehr als 4 % betragen sollte. Alles andere, wie Gleichungen zur Berechnung des Spannungsfalls, wurden aus der Norm entfernt. Es wird jedoch auf das Beiblatt 2 verwiesen, dass in diesem Beiblatt Hinweise zum Spannungsfall gibt.

Bild 3: Versorgung durch ein öffentliches Energieversorgungsnetz
Bild 3: Versorgung durch ein öffentliches Energieversorgungsnetz
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Da sich der Anwendungsbereich des Beiblatts 2 auf Wohngebäude bezieht, sind auch die Vorgaben der Norm für »elektrische Anlagen in Wohngebäuden« (DIN 18015) von Interesse. Die Zusammenhänge zwischen den Angaben aus der Wohngebäudenorm DIN 18015-1, der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) und der Errichtungsnorm DIN VDE 0100-520 sind im Bild 3 dargestellt. In diesem Bild geht es um den klassischen Anschluss an einem Hausanschlusskasten.

Bild 4: Versorgung durch ein privates Energieversorgungsnetz
Bild 4: Versorgung durch ein privates Energieversorgungsnetz
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Wird die elektrische Anlage durch ein privates Energieversorgungsnetz versorgt, z. B. Netztransformatoren, BHKWs, PV-Anlagen, können höhere Spannungsfälle vereinbart werden (Bild 4). Basis hierfür ist das Harmonisierungsdokument HD 60364-5-52 aus dem Jahr 2011.

Die maximal zulässige Länge der Leitung oder des Kabels kann für Wechselstromnetze der Tabelle 3 des Beiblatts 2 für einen Spannungsfall von 3 % entnommen werden (Bild 5). Für Gleichstromnetze ist Tabelle 4 des Beiblatts 2 zu verwenden.

Bild 5: Maximal zulässige Kabel- und Leitungslängen lmax  für Wechselstromnetze bei einem Spannungsfall von 3 % nach Tabelle 3 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
Bild 5: Maximal zulässige Kabel- und Leitungslängen lmax für Wechselstromnetze bei einem Spannungsfall von 3 % nach Tabelle 3 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Ist die Berechnung der maximalen Länge für einen anderen Spannungsfall erforderlich ist der Wert aus Tabelle 3 mit den Faktoren aus Tabelle 5 des Beiblatts zu multiplizieren (Bild 6).

Die Längen in der Tabelle 3 gelten für Drehstromsysteme. Für Wechselstromsysteme müssen diese halbiert werden.

Um realistische Kabel- und Leitungslängen zu erhalten, wurde die anzunehmende Leitertemperatur auf 30 °C festgelegt. In Wohngebäuden, bei denen die Stromkreise häufig kaum belastet werden, dürfte diese Annahme der Realität ziemlich nah kommen.

Bild 6: Umrechnungsfaktoren für maximal zulässige Kabel- und Leitungslängen lmax bei von 3 % abweichenden Spannungsfällen, Tabelle 5 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
Bild 6: Umrechnungsfaktoren für maximal zulässige Kabel- und Leitungslängen lmax bei von 3 % abweichenden Spannungsfällen, Tabelle 5 des Beiblatts 2 der DIN VDE 0100-520
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Im Beiblatt 2 ist auch die Berechnungsgrundlage für die Tabellen enthalten, siehe Gl. 3 für Wechselstromsysteme.

  (Gl.3)

Legende für Gl. 3:

  • l → Leitungslänge in m
  • Δu → relativer Spannungsfall von 3 %
  • Un → Nennspannung des Netzes 400 V
  • IB → Betriebsstrom des Stromkreises in A
  • R´L → Resistanzbelag des Leiters in mΩ /m bei 30 °C
  • X´L → Reaktanzbelag des Leiters in mΩ /m
  • cos φ → Verschiebungsfaktor
  • + → induktive Last
  • – → kapazitive Last (im Beiblatt 2 der DIN VDE 0100-520 wird nur von einer induktiven Last ausgegangen).

Mit dieser Gleichung können die maximalen Kabel- und Leitungslängen berechnet werden, z. B. wenn die angenommene Temperatur am Leiter höher als 30 °C beträgt. Für die Berechnung notwendige Werte für R´L und X´L kann Tabellen aus dem Beiblatt 5 der DIN VDE 0100 entnommen werden.

Überprüfung der Abschaltbedingungen

Der Querschnitt eins Kabels oder einer Leitung ist nicht nur von den Betriebsbedingungen abhängig, sondern auch vom Fehlerfall, konkret dem Körperschluss oder Kurzschluss.

Da sich das Beiblatt 2 auf Wohngebäude bezieht und hier die Anschlussbedingungen der Netzbetreiber (TABs) gelten, sind deren Vorgaben hinsichtlich der Kurzschlussfestigkeit der Überstrom-Schutzeinrichtungen und deren Energiebegrenzungsklassen zu berücksichtigen.

Bild 7: Auszug Tabelle 6 des Beiblatts 20 der DIN VDE 0100-520 bezüglich der maximal zulässigen Kabel- und Leitungslängen lmax bei Einhaltung der Abschaltbedingungen im TN-System
Bild 7: Auszug Tabelle 6 des Beiblatts 20 der DIN VDE 0100-520 bezüglich der maximal zulässigen Kabel- und Leitungslängen lmax bei Einhaltung der Abschaltbedingungen im TN-System
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Um die Einhaltung der Abschaltbedingungen zu überprüfen und damit einen Körperschluss oder Kurzschluss zu berücksichtigen, gibt es im Beiblatt 2 die Tabelle 6 (Bild 7). In dieser Tabelle werden

  • die Abschaltzeiten bei automatischer Abschaltung der Stromversorgung nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) und
  • der Schutz bei Kurzschluss nach DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) – bei kleinen Kurzschlüssen –

berücksichtigt.

Die Grundlage der Berechnung für die Tabellenwerte ist:

   (Gl. 4)

Legende für Gl. 4 und Gl. 5:

  • lmax → maximale Leitungslänge um die Abschaltbedingung einzuhalten und die zulässige Grenztemperatur im Kurzschluss nicht zu überschreiten.
  • Ierf → erforderlicher Kurzschlussstrom (einpolig),
  • cmin → Spannungsfaktor bei Kurzschluss (von 0,95 auf 0,9 geändert),
  • U0 → Nennspannung gegen Erde (230 V),
  • 0,3 Ω → Schleifenimpedanz des vorgelagerten Netzes,
  • Z´L → Impedanzbelag des Kabels (der Leitung) bei Temperatur am Ende des Kurzschlusses.

Die Gl. 4 ist bis auf den Impedanzbelag leicht anzuwenden. Der erforderliche Kurzschlussstrom ergibt sich aus den normativen Sicherungskennlinien und den Charakteristiken der LS-Schalter Typ B und C. Der Spannungsfaktor ist konstant und hat sich nach der Norm für Kurzschlussstromberechnungen (DIN VDE 0102) von 0,95 auf 0,9 geändert. Es ist auch nicht überraschend, dass die Nennspannung 230 V beträgt. Und um es den Anwender einfacher zu machen, hat man in den Werten für lmax schon eine vorgelagerte Schleifenimpedanz von 300 m einberechnet. Weicht die vorgelagerte Schleifenimpedanz von den 300 m ab, gibt es über den Faktor fl die Möglichkeit der Korrektur. Dieser Faktor wird nach Gl. 5 berechnet.

  (Gl. 5)

Eine wesentliche Größe der Gl. 4 und Gl. 5 ist der Impedanzbelag des Kabels bzw. der Leitung. Um die Berechnung dieses Impedanzbelages nicht zu komplex zu gestalten, hat man nur den Resistanzbelag (Wirkwiderstand) zur Berechnung verwendet. Der Reaktanzbelag (Blindwiderstand) wurde einfach »ignoriert«. Diese kleine »Mogelei« ist jedoch in diesem Falle vertretbar, da die Querschnitte in der Tabelle 6 eher gering sind und damit auch die Blindwiderstände kaum der Rede wert sind.

Bild 8: Temperaturverlauf am Leiter eines Kabels oder einer Leitung im Normalbetrieb und bei Kurzschluss
Bild 8: Temperaturverlauf am Leiter eines Kabels oder einer Leitung im Normalbetrieb und bei Kurzschluss
(Bild: DIN VDE 0100-520:2023-10)

Nicht zu vernachlässigen ist jedoch die Temperaturerhöhung am Leiter. Bild 8 zeigt den typischen Verlauf der Temperaturen vom Normalbetrieb bis zum Kurzschlussfall.

Die Temperaturerhöhung wird nach Gl. 6 berechnet:

    (Gl. 6)

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass sich die Temperatur bei einem Kurzschluss auf = 80 °C erhöht (siehe DIN VDE 0102). Im Beiblatt 2 wurde in der Neuausgabe die tatsächliche Temperaturerhöhung jedoch nach Gl. 7 berechnet.

   (Gl. 7)

Legende für Gl. 6 und Gl. 7:

  • R´ϑ → Widerstand bei Erreichen der Endtemperatur des Leiters
  • RL20 → Widerstand des Leiters bei 20 °C
  • α20 → Temperaturkoeffizient = 0,00393 K-1
  • β → Reziprokwert des Temperaturkoeffizienten 234,5 °C
  • ϑe → Endtemperatur des Leiters
  • tF → zulässige Ausschaltzeit im Kurzschlussfall
  • ρ20 → dies ist spezifische elektrische Widerstand des Leiterwerkstoffes bei 20 °C: 17,241·10–6 Ωmm
  • QC → dies ist die volumetrische Wärmekapazität des Leiterwerkstoffes bei 20 °C: 3,45 · 10-3 J / °C mm3
  • I 2F → Effektivwert des Stromes bei vollkommenem Kurzschluss
  • S → Leiterquerschnitt
  • ϑa → Anfangstemperatur des Leiters.

Wenn man den Temperaturanstieg auf die Endtemperatur des Leiters berechnen möchte, muss natürlich auch die Anfangstemperatur bekannt sein, ab welcher der Anstieg beginnt (Bild 8). Da die tatsächliche Anfangstemperatur nicht bekannt ist, ging man von 70 °C aus. Dies ist die maximal erlaubte Betriebstemperatur am Leiter für die üblichen Kabel und Leitungen, z. B. NYY und NYM. Mit dieser Annahme liegt man auf der sicheren Seite.

Die ermittelte Endtemperatur wird zum einen zur Berechnung des Widerstands verwendet und zum anderen kann mit dieser Temperatur überprüft werden, ob die zulässige Endtemperatur von 160 °C überschritten wird. Die Werte in der Tabelle 6 wurden so abgeglichen, dass diese Temperatur nicht überschritten wird.

Der Leser wird sich evtl. fragen, ob es eine wesentliche Änderung der maximalen Längen für die Abschaltbedingungen mit der Neuausgabe des Beiblatts 2 gab. Die Antwort lautet: Ja, die zulässigen Längen sind ca. 5 m bis 10 m kürzer geworden. Dies liegt vor allem an der Änderung des Faktors cmin von 0,95 auf 0,9. Aufgrund der kurzen Abschaltzeiten von LS-Schaltern ist der Temperaturanstieg bei diesen kaum wahrnehmbar. Bei Schmelzsicherungen und Abschaltzeiten von 5 s spielte die Temperaturerhöhung dagegen eine Rolle.

 

Über den Autor
Autorenbild
Karsten Callondann

Gelernter Elektroinstallteur und Studium der Elektrotechnik. Jahrelange Tätigkeit bei Planung und Projektierung im Anlagenbau. Derzeit beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) für den Brand- und Sachschutz in elektrischen Anlagen und für elektrische Geräte zuständig. Mitarbeit in diversen DKE-Normungsgremien.

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