Immer mehr elektrische Geräte – vom Bügeleisen bis zum Kühlschrank – zogen in die Haushalte ein, was in der Folge jedoch nicht nur mehr Komfort, sondern auch neue Herausforderungen schuf.
Denn die steigende Zahl elektrischer Verbraucher begünstigte das Auftreten von Überlastungen und Kurzschlüssen. Nicht selten waren sogar Wohnungsbrände die Folge – ein Gefahrenpotential, das bis heute nicht an Bedeutung verloren hat. Noch immer können laut dem Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (IFS) die meisten Brände in Deutschland auf elektrische Geräte und Anlagen beziehungsweise einen fehlerhaften Umgang mit Elektrizität zurückgeführt werden.
Ersatz für bis dahin übliche Schmelzsicherungen
Bis zur Einführung des ab 1928 serienmäßig produzierten »Stotz-Automaten« kamen zum Schutz der Leitungen ausschließlich Schmelzsicherungen zum Einsatz. In der Praxis führte dieses Konstruktionsprinzip, bei dem im Inneren ein dünner Draht bei zu hoher Stromstärke zum Schmelzen gebracht wird, immer wieder zu Problemen. So musste die Sicherung jedes Mal durch eine neue ersetzt werden, um den Stromfluss wiederherzustellen. Das war nicht nur teuer und umständlich, sondern auch nicht ganz ungefährlich. War der auslösende Fehler nämlich zuvor nicht behoben worden, konnte beim Eindrehen der Ersatzsicherung ein Lichtbogen entstehen. Auch Basteleien, bei denen die verbrauchte Sicherung provisorisch mit einem Draht überbrückt wurde, erwiesen sich oft als buchstäbliches Spiel mit dem Feuer.
Hier setzten Stotz und Schachtner bei der Entwicklung ihres Leitungsschutzschalters an und konstruierten eine automatische, wiederverwendbare und nochmals sicherere Alternative. Dazu kombinierten sie in einem kompakten Gehäuse zwei unterschiedliche Auslösesysteme, die schnell und gezielt auf Kurzschluss und Überlast reagieren. Fließen infolge eines Kurzschlusses hohe Ströme durch die integrierte Magnetspule, löst das erzeugte Magnetfeld einen Schalter aus, der sofort den Stromkreislauf unterbricht. Als zusätzliche Sicherungsfunktion integrierten die Ingenieure einen temperatursensitiven Schalter aus Bimetall, der immer dann aktiv wird, wenn beispielsweise eine zu große Anzahl an Verbrauchsgeräten die Leitung überlastet und in gefährlicher Weise erhitzt.
Kein Austausch der Sicherungen mehr nötig
Um den Strom wieder fließen zu lassen, genügte es jeweils, den Schutzschalter, der genau in die Edison-Schraubgewinde der Schmelzsicherungen passte, nach Behebung des Fehlers per Knopfdruck zu reaktivieren. Das ständige Wechseln der Sicherung gehörte nun der Vergangenheit an und die Gefahr einer Fehlbedienung wurde drastisch reduziert. Auch die Weiterentwicklung der Lösung für die Industrie ließ nicht lange auf sich warten. Mit seinem Team entwickelte Stotz eine spezielle Variante des Leistungsschalters, die in der Lage war, mit höherem Einschaltströmen und Motoranwendungen umzugehen. Durch Sicherungswechsel bedingte Produktionsunterbrechungen konnten so drastisch verkürzt und die Maschinenverfügbarkeit entscheidend gesteigert werden.
Auch 100 Jahre nach seiner Erfindung bleibt der Leitungsschutzschalter ein Symbol für Sicherheit, Effizienz und technische Innovation. Von den ersten Haushaltsgeräten über Industrieanwendungen bis hin zu digitalen Systemen für Energiemanagement und Gebäudeautomatisierung – ohne den Schutz, den der Leitungsschutzschalter bietet, wäre unser heutiges Leben undenkbar.
Rund 45 Millionen Sicherungsautomaten pro Jahr
Im Laufe der Jahre hat ABB die Technologie immer weiter optimiert. Moderne LS-Schalter, von denen es mittlerweile über 10.000 Varianten gibt, sind in der Lage, den Strom innerhalb von 10 Millisekunden zu unterbrechen – zehnmal schneller als ein Wimpernschlag. Zugleich wurde das Lösungsportfolio im Bereich Elektrifizierung erweitert. Modulare Bauweisen in immer kleineren Gehäusen ermöglichten die Montage mehrerer Geräte auf einer DIN-Schiene, die wiederum maßgeblich zur Standardisierung und Verbreitung der Technologie beitrug. Kompakte Lösungen wie der FI/LS DS301C mit kombiniertem Schutz vor Überstrom und Fehlerströmen passen heute in nur eine Modulbreite und ersetzen damit mehrere Geräte auf einmal.
Allein am Standort Heidelberg laufen bei ABB heute jedes Jahr rund 45 Millionen Sicherungsautomaten vom Band, insgesamt hat die Menge der produzierten Einheiten längst die Milliardengrenze überschritten.