
Die Liste der zu behandelnden Themen war lang für die Experten, die erneut bei der Elektroinnung Berlin zu Gast sein durften. Die Rahmenbedingungen haben sich für alle Bereiche der Energiewende in den vergangenen Monaten stark verändert. Zu nennen sind hier beispielsweise gestrichene Förderprogramme für die Elektromobilität, das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder der §14a EnWG. Das brachte Verunsicherung in den Markt und stellte viele Akteure vor Herausforderungen.
Keine Branche bleib jedoch soweit hinter den eigenen Erwartungen zurück wie die Wärmepumpenindustrie. Um hier ein aktuelles Lagebild zu bekommen, hatte die Expertenrunde Johanna Otting vom Bundesverband Wärmepumpe eingeladen. Ihre Expertise bildete eine gute Grundlage für eine intensive Diskussion (Bild 2).

Förderung ohne erhoffte Wirkung
Für das Erreichen der Klimaziele und die Reduzierung von Importabhängigkeiten bei Gas und Öl müssen bis zum Jahr 2030 nach Aussagen von Johanna Otting mindestens sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert werden. Industrie, Handwerk, Wohnungswirtschaft, weitere Branchen und die Bundesregierung haben sich bei drei Wärmepumpengipfeln in 2022/23 auf das Ziel verständigt, dass im Jahr 2024 etwa 500.000 Wärmepumpen neu installiert werden sollen.
War das Jahr 2023 noch ein Rekordabsatzjahr für die Heizungsindustrie, kühlte sich der Markt 2024 sehr schnell ab. Als Gründe dafür nannte Frau Otting Vorzieheffekte bei Investitionsentscheidungen auf Grund sehr hoher Gaspreise und Verunsicherungen, die bei der Verabschiedung des so genannten »Heizungsgesetzes« entstanden sind. Der Strompreis nahm diese Entwicklung erst später, was dann auch zu einem Abbremsen der bis dahin dynamischen Marktentwicklung bei den Wärmepumpen führte.
Darüber hinaus wurde die Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz stark polemisiert geführt, was sich auch negativ auf das bis dahin durchweg positive Image der Wärmepumpe auswirkte. Der Absatz an Wärmepumpen ging drastisch zurück, und es wird für 2024 mit nur noch etwa 200.000 installierten Aggregaten gerechnet, nach fast 360.000 installierten Einheiten im Jahr 2023.
Einen weiteren Aspekt benannte Michael Kleen. Getrieben durch hohe Förderquoten, die leider bei der Preisbildung miteinkalkuliert würden, entstehen aus seiner Sicht viel zu hohe Marktpreise. »Wenn eine Luft-Wärmepumpe zwischen 30.000 und 45.000 Euro kostet, haben wir ein Problem«, so Kleen. Während im gewerblichen Bereich die Förderung bereits nach Antragstellung ausgezahlt wird, erfolgt dies bei Projekten von Privathaushalten erst nach Abschluss der Arbeiten und Inbetriebnahme. Bevor beispielsweise ein Rentnerhaushalt hier investiert, wird sicher erst nach Alternativen geschaut. Dass es auch anders geht, zeige ein Blick zu unseren Nachbarn. In Frankreich kostet laut Kleen eine Luft-Wärmepumpe 10.000 € inklusive Installation. Ähnlich sähe die Situation auch in Großbritannien aus.
Außerdem hätte eine Umfrage unter 4000 Fachhandwerkern aus dem Heizungsbereich ergeben, dass nur jeder sechste Fachbetrieb eine Wärmepumpe vernünftig auslegen kann. Dort, wo Schulung und Weiterbildung gelingt, wird auch die Wärmepumpe erfolgreich im Markt etabliert. Das ist jedoch in der Breite nicht der Fall, und dies hemmt zusätzlich den Markthochlauf.
Einen weiteren wichtigen Aspekt sprach Bert Rümpel an. Er registriert bei vielen seiner Kunden, die sich für eine Wärmepumpe interessieren, eine große Skepsis hinsichtlich der Entwicklung der Stromtarife. Beim jetzigen Strommarktdesign steigen die Preise immer weiter an. Steuern, Abgaben und Netzentgelte verteuern den Netzstrom immer weiter, und auch die Einführung der dynamischen Stromtarife werde hieran nicht viel ändern.
Um so wichtiger ist es für Michael Kleen, dass die Elektrofachbetriebe ihr Energiemanagement-Know-how noch besser vermarkten. Erfolgreich seien seiner Erfahrung nach vor allem jene Elektrohandwerksunternehmen, die Photovoltaik, Speicher und Wärmepumpe als Gesamtkonzept anbieten. Dabei wird durch den Einsatz eines Energiemanagements der Bezug von Netzstrom so gering gehalten, dass der Strompreis kein Investitionsrisiko mehr darstellt.
Diesen Aspekt betonte auch Bert Rümpel, der mit seinem Elektrohandwerksbetrieb genau dieses Segment bedient und eigentlich froh darüber ist, dass der Markt sich etwas abgekühlt hat. Nun könne man in Ruhe alle vorliegenden Aufträge »abarbeiten«. Sein Auftragsvorlauf liegt immer noch bei knapp sechs Monaten.
Weiter unklare Rahmenbedingungen
Dass die Wärmepumpe trotz aller momentanen Schwierigkeiten das Heizsystem der Zukunft ist, steht für M. Kleen außer Frage. Zwei Aspekte führte er hierfür als Hauptargumente an. Zum einen ziehen sich immer mehr Gasversorger aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Geschäft zurück. Diese Versorgungslücke zu füllen, oblige einem Heizsystem wie der Wärmepumpe. Bei 13 Mio. Heizungen in Deutschland, die älter als 30 Jahre sind, bietet sich hier enormes Marktentwicklungspotenzial. Darüber hinaus lägen in der Entwicklung der CO2-Preise große Chancen.
Bis 2029 steigen die Belastungen laut Prognosen der Hochschule Ansbach für einen durchschnittlichen Privathaushalt mit 18.000 kWh Energieverbrauch auf 350 € im Jahr an. Hier sieht M. Kleen neben den Chancen für das Fachhandwerk auch eine Aufklärungspflicht. Im Gebäudeenergiegesetz ist verankert, dass vor dem Einbau einer neuen Heizung der jeweilige Fachbetrieb über die Folgen einer getroffenen Entscheidung für ein Heizsystem aufklären muss. Hier unterstützt der Elektrogroßhandel Fega & Schmitt seine Kunden mit entsprechenden Dienstleistungsangeboten.
Stefan Libor bezweifelte diese Entwicklung bei den Gasnetzen und sieht nach Ausführungen des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches) die Möglichkeit, dass die Gasnetze bis 2030 wasserstofftauglich sein sollen und somit ebenfalls einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten werden.
Für Michael Kleen spricht dagegen, dass der Umbau der Gasnetze für die Wasserstofftauglichkeit zu teuer ist. Indiz dafür sei auch die Tatsache, dass dieser Tage mehrere Stadtwerke ihren Ausstieg aus der Gasversorgung erklärt hätten, u. a. der Mannheimer Energieversorger MVV und die Stadtwerke Augsburg. Die Versorgungspflicht beträgt laut Gesetz (NDAV) zehn Jahre, und die Ankündigung des Marktaustritts definiere nun die noch verlässliche Gasversorgung.
(Fortsetzung folgt)