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Kältetechnik nutzt der Energiewende

Smart Grid in der Kältetechnik

Auf einen Blick Kälteanlagen bieten ein großes thermisches Speichervolumen, das zur Lastverschiebung im Intelligenten Stromnetz genutzt werden kann

Fehlende Geschäftsmodelle und Smart-Grid-Lösungen lassen diesen Markt jedoch noch einige Jahre schlummern
Kann die Kälte-Klima-Branche vom Mega­trend Smart Grid profitieren? Bei der 10. Fachtagung der Fachzeitschrift Die Kälte+Klimatechnik mit dem Titel »Wie smart ist die Kältetechnik? – Chancen und Perspektiven für den Anlagenbau« am 16. Mai 2013 in Darmstadt wurde aufgezeigt, wie »smart ready« die Branche aufgestellt ist, wer das Umsetzungstempo bestimmt und wie smarte Geschäftsmodelle rund um das Thema »Power to Cold«, also die Umwandlung von überschüssigen Stromkontingenten in Kälteenergie aussehen könnte.

Die gute Nachricht: Ja, die Kälte- und Klimaanlagen bieten ein für die Energiewirtschaft attraktives Lastverschiebungspotenzial, um positive und negative Regelenergie zur Stabilisierung der Stromnetze zur Verfügung zu stellen.

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Die schlechte Nachricht: Es fehlt weiterhin an den notwendigen Kommunikationsprotokollen, um die Automatisierungswelten von Anlagen und Gebäuden mit denen der Stromnetze und Kraftwerke zu verbinden. Bis auf weiteres scheint das auch so zu bleiben, denn bisher existieren keine überzeugenden Geschäftsmodelle, die einen Anreiz zur Beschleunigung des Netzumbaus zum Smart Grid leisten könnten. Sicher ist, dass die Energiewende ohne einen intelligenten Netzverbund nicht zu schaffen ist. Sicher ist auch, dass die Stromriesen ihre Oligopol-Position nur zögerlich aufgeben und das Thema Smart Grid eher taktisch angehen werden.

Jetzt schon Smart-Grid-gerecht planen

Bild 1: Prof. Martin Becker: »Der Energie­nutzer wird bei der Smart-Grid-Diskussion 
zu wenig berücksichtigt.«
Bild 1: Prof. Martin Becker: »Der Energie­nutzer wird bei der Smart-Grid-Diskussion zu wenig berücksichtigt.«
Für Prof. Dr.-Ing. Martin Becker von der Hochschule Biberach (Bild 1) spielt das Netzmanagement und damit die Schnittstelle zum Gebäude und dessen gebäudetechnischen Anlagen bei der Umsetzung von Smart-Grid-Funktionen die entscheidende Rolle. Aber, Zitat, »wann und wie das intelligente Stromnetz in die Praxis umgesetzt wird, weiß heute noch niemand.« Becker kritisiert in diesem Zusammenhang den inflationären Gebrauch des Begriffes »smart«, der inzwischen vom »smarten Sensor« bis zur »smarten City« herhalten muss. Dabei werden der Nutzer und dessen Bedürfnisse, wie beispielsweise Komfort und thermische Behaglichkeit, oft vergessen.

Wichtig sei, dass die Smart-Grid-Technologie möglichst verlustfrei ineinandergreife, angefangen bei den Komponenten einer Anlage über das Anlagensystem, das Gebäude und die Liegenschaft bis zur Vernetzung mit der Infrastruktur der Gemeinde, der Stadt oder der Region. Je intelligenter Anlagen, Gebäude und Region vernetzt seien, desto kleinräumiger könnten Energieangebot und Energiebedarf koordiniert werden. Das würde auch die Netze entlasten. Voraussetzung für ein reibungsloses Zusammenspiel von Gebäude und intelligentem Stromnetz sei ein Smart Building, das folgende Funktionen und Eigenschaften erfüllt:
  • Schnittstellen zwischen Gebäudeautomation und Smart Grid sind standardisiert
  • lässt sich in ein Last-, Energie- und Netzmanagement einbinden
  • kann schaltbare Lasten in Form von positiver und negativer Regelenergie anbieten
  • schaltet in Zeiten hoher Energiepreise definierte Verbraucher ab, optional auch dezentrale Energieerzeuger (BHKW) zu
  • verfügt über Möglichkeiten, überschüssige Energie aus dem Netz zu speichern, z. B. in Kälte- bzw. Wärmespeichern
  • nutzt höherwertige Steuerungs- und Re­gelungsstrategien, wie Wetterprognosen und Lastprofile, um Regelleistung vorausschauend einzuplanen.
Bei der Bewertung von Speicherkapazitäten, Lastverschiebungspotenzial und Regelleistung sei es wichtig, das theoretisch realisierbare Potenzial mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten und den Zwängen der Praxis zu gewichten. In jedem Fall müsse ein Ausgleich von Energieerzeugung und Energieverbrauch auf lokaler Ebene angestrebt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen kommen hierfür derzeit nur thermische Speicher (Kälte- / Wärmespeicher) bzw. das Speichervermögen des Gebäudes über thermoaktive Bauteilsysteme (TABS) infrage. Die Nutzung von TABS sei dabei nach heutigen Gesichtspunkten – im Vergleich zu Eisspeichern – bedeutend wirtschaftlicher.

Haushaltskühlschränke in Smart Grids einzubeziehen sei zwar verlockend, aber realitätsfern. Becker zitiert einen Bericht der Fachzeitschrift Energy, wonach ein Smart-Grid-geführter Betrieb von Haushaltskühl- und Gefrierschränken bei einer durchschnittlichen Lastabwurfsdauer von etwa einer Stunde pro Tag zu einem Mehrverbrauch an Strom von 2 % bei einem Kühlschrank mit Kühlfach, 8 % bei einem Kühlschrank mit Gefrierfach und 11 % bei einem Gefrierschrank geführt habe. Je effizienter ein Kühlschrank arbeitet, desto kontraproduktiver ist ein Smart-Grid-Betrieb.

Becker hält es für wichtig, Systemlösungen für Kälte-Klimaanlagen mit Speicher zu entwickeln und dabei die entsprechenden Regelungs- und Steuerungsstrategien mit einzubeziehen.

Modellstadt Mannheim

Erste Erfahrungen mit Smart-Grid-eingebundenen Kälteanlagen wurden im Rahmen der eTelligence-Projekte in Cuxhaven mit Kühlhäusern sowie mit Kälte-Klimaanlagen in Mannheim gemacht. Für die Klima-Kälte-Branche dürfte das »E-Energy-Projekt Modellstadt Mannheim« interessant sein, da hier das Lastmanagementpotenzial von kältetechnischen Anlagen (Haushalt, Klimaanlagen, Prozesskälte, Kühllager, Kühlanlagen im Lebensmittel-Einzelhandel, Industrie-Klimaanlagen, gewerbliche Klimaanlagen) erstmals gewichtet wurde. Demnach sind in Mannheim (ca. 315 000 Einwohner) Kälteanlagen mit einer Gesamtleistung von 77 MWel installiert. Als theoretisches Potenzial für ein Lastmanagement eignen sich Kälteanlagen mit zusammen 51 MWel. Das technisch-wirtschaftliche Lastverschiebungspotenzial liegt bei 43 MWel, das Potenzial der realisierbaren positiven Regelleistung bei 17 MWel, das Potenzial der negativen Regelleistung bei 21 MWel.

Becker sieht mögliche Geschäfts- und Tätigkeitsfelder für die Kälte- und Klimabranche in der Bereitstellung von Smart-Grid-ready-Komponenten und -Systemen sowie in intelligenten Automatisierungs- und Betriebsführungsstrategien. Seine Botschaft: Planer und ausführende Firmen sollten sich jetzt schon mit angepassten bzw. anpassbaren Anlagenkonzepten beschäftigen, insbesondere was die Dimensionierung von Speichern anbelangt.

Smart Grid hat keine Lobby

Bild 2: Martin Wenzel: »Die Angebote der Energieversorger kommen erst, wenn die AKW abgeschaltet sind.«
Bild 2: Martin Wenzel: »Die Angebote der Energieversorger kommen erst, wenn die AKW abgeschaltet sind.«
Auch Martin Wenzel (Bild 2), Vorstand der Hörburger AG, Control Systems, Waltenhofen, ist der Auffassung, dass der Umbau der Netze von konventionell nach smart noch einige Zeit dauern wird. »Das Smart Grid hat keine Lobby, die Angebote der Energieversorger werden erst kommen, wenn die AKW abgeschaltet sind.« Dennoch sollte sich die Kälte-Klima-Branche jetzt schon mit dem Thema beschäftigen, denn – so Wenzel – »Kälteprozesse eignen sich optimal für ein Lastmanagement und damit für Smart-Grid-Funktionen.« Deutschland hätte gute Chancen, international zum Leitanbieter für Smart-Grid-Lösungen aufzusteigen, da viele Smart-Grid-Bausteine am Markt schon vorhanden seien. Dazu zählen Energiemanagementsysteme, Demand Side Management (DMS) und dezentrale Kraftwerke, die sich durch die Einbeziehung von DMS zu virtuellen Kraftwerken verbinden lassen. Was fehlt, sind die intelligenten Stromnetze sowie Geschäftsmodelle, die auf den unterschiedlichen Strompreisen durch Angebot und Nachfrage basieren. »Derzeit existieren am Markt nur ein paar Mechanismen zur Beeinflussung von Angebot und Bedarf, zum Beispiel der Börsenhandel anhand von Lastprofilen, aber kein Geschäftsmodell, das auf Smart-Grid-Funktionen beruht«, sagt Wenzel. Die Tendenzen am Strommarkt seien allerdings eindeutig: Der Anteil nicht regelbarer Stromerzeuger nehme zu, der Anteil regel­barer Erzeuger weiter ab. Daraus ergeben sich nach Ansicht von Wenzel für die Kälte-Klima-Branche und die Gebäudeautomationsindustrie Ansatzpunkte für Energiekosten-reduzierende Maßnahmen bei den Stromnutzern sowie eine wachsende Nachfrage nach Spitzenlastmanagementsystemen. Diese seien notwendig, um Schwankungen bei der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien auszugleichen und Lasten zu verschieben.

Um zusätzliche wirtschaftliche Anreize zu schaffen, seien jedoch zeit- und lastabhängige Preissignale notwendig. Eine weitere Möglichkeit zur Kompensation der Volatilität durch erneuerbare Energien sei die Aktivierung von Leistungsreserven im Gebäude, beispielsweise von BHKW oder Netzersatzanlagen. Potenziale für Lastmanagementsysteme gäbe es sowohl in Haushalten (Wärmepumpen, Elektrospeicherheizung, Trinkwassererwärmer, Kühl- und Gefrierschränke) als auch bei Industrie und Gewerbe (Prozesskälte, RLT-Anlagen, Druckluftanlagen). Bezogen auf die Lebensmittellogistik schätzt Wenzel, dass in Deutschland rund 1000 Kühlhäuser für ein Lastmanagement in Frage kommen, die zusammen etwa 100 MW Regelleistung bereitstellen könnten. Die etwa 30.000 Lebensmittelfilialen könnten sogar 300 MW Regelleistung bereitstellen. Je nach Verfügbarkeit und Schalthäufigkeit könnte der Betreiber einer 500-kW-Kälteanlage durch die Einbindung in ein Demand Side Management zwischen 4000 und 80.000 Euro pro Jahr einsparen, so eine Studie der Dena.

In der Praxis sei die Branche aber von den möglichen Geschäftsmodellen noch weit entfernt, so Wenzel.

Variable Tiefkühltemperaturen können Kühlgut auslaugen

Erfahrungen mit Smart-Grid-Funktionen liegen bereits bei Betreibern von Tiefkühlhäusern vor. Probleme bereiten die mit der Lastverschiebung verbundenen Temperaturschwankungen, die sich negativ auf die Qualität des Lagerguts auswirken können. »Stark frequentierte Kühlhäuser eignen sich überhaupt nicht für den Smart-Grid-gesteuerten Betrieb«, erklärt Michael Weilhart vom Ingenieurbüro Tiefkuehlhaus.info, München. »Wenn sie dort nicht kühlen, bricht nach 20 Minuten die Temperatur zusammen. Gehen sie davon aus, dass bei sogenannten Umschlagkühlhäusern Tore und Türen bis zu 1.000-mal am Tag geöffnet werden.«

Damit tarifgünstige Stromangebote genutzt werden können und die »Kälte« vom Raum zum Produkt gelangt, müsse die Verdampfungstemperatur der Kälteanlage um etwa 5 K gesenkt werden, so Weilhart. Bei einem energetischen Mehraufwand von 6 % pro Kelvin tieferer Verdampfungstemperatur bedeute dies bei 5 K einen energetischen Mehraufwand von 30 %(!). Diesen Wert gelte es, bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Smart-Grid-geführten Regelungsstrategien zu berücksichtigen. Von vornherein nicht geeignet für einen intermittierenden Betrieb seien Blutkonserven sowie Lagergüter, die durch die unterschiedlichen Tiefkühltemperaturen (und damit auch durch die unterschiedliche Umgebungsfeuchte) austrocknen. Dies zeigt sich äußerlich durch einen wachsenden Reifansatz.

Bewährt habe sich eine zwischen dem Kühlhaus- und dem Netzbetreiber zu ver­einbarende jahreszeitlich gestaffelte Last­verschiebung in Abhängigkeit von prognostizierten Starklastzeiten. Gut machbar seien 30 min Zurückhaltung, in manchen Fällen auch zwei Stunden. Mehrmals hintereinander 1,5 h Abschaltzeit sei schon schwierig; vier Stunden und mehr führe zu Qualitätsproblemen, erläutert Weilhart. Durch Lastverschiebungsvereinbarungen mit dem Netzbetreiber könne bis zu 80 % der Netzentgelte (zwischen 1,2 Ct und 3,2 Ct) pro Kilowattstunde Strom eingespart werden. Soweit möglich wird diese Option von einigen Kühlhausbetreibern bereits genutzt, da es sich wirtschaftlich rentiere, so Weilhart.

Viele Kühlhausbetreiber ergreifen jedoch inzwischen auch andere Maßnahmen, die Energiekosten zu senken. Eine wirtschaftliche Alternative zur preisvariablen Betriebsweise ist die Eigenstromerzeugung per BHKW bei gleichzeitiger Nutzung der Abwärme zum Antrieb einer zweistufigen Absorptionskältemaschine (AKM). Die AKM speist ihre Kälte mitteldruckseitig in die Kompressionskälteanlage ein und entlastet damit die Hochdruckseite des Kältekreises, im Idealfall um 100 %.

Auch der Einsatz von PV-Modulen zur Eigenstromerzeugung lohne sich, besonders wenn auf eine Einspeisung ins öffentliche Stromnetz verzichtet werde. Aufgrund der typischen Kubatur von Kühlhäusern könne man – bei kompletter Nutzung der Dachfläche – von etwa 15 % PV-Stromanteil am Gesamtstrombedarf ausgehen. Auch Windkraftstrom werde bei Stromgestehungskosten von 8 Ct/kWh bis 10 Ct/kWh für die Kühlhausbetreiber interessant. Nachrüstungen seien jedoch baurechtlich in den wenigsten Fällen genehmigungsfähig, sagt Weilhart.

Erstes Ziel zur Minderung der Energiekosten sei die Minimierung der Wärmelasten im Kühlhaus, z. B. durch LED-Beleuchtung und Präsenzsteuerung. Auch könne durch den Einbau von Schnelllauftoren und automatischen Türschließanlagen die Türöffnungszeiten und damit der Eintrag von Wärme reduziert werden. In den Kühlräumen konzentriere man sich auf den Einsatz effizienterer Antriebe bei den Verdampfungskühlern. Auch die elektrischen Begleitheizungen in Kühlräumen müssten besser überwacht werden, da es oft zu Fehlfunktionen komme.

Preisgünstige Wärme aus Geisterstrom

Trotz widriger Rahmenbedingungen bei der Strompreisentwicklung fühlt sich die Wärmepumpenbranche weiter im Aufwind. Bis 2030 rechnet der Bundesverband Wärmepumpen (BWP), den Bestand von aktuell 500.000 Geräten auf 3,5 Mio. zu erhöhen. Wesentliche Marktimpulse erhofft sich die Branche durch die wachsenden Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energien. »Unter allen Optionen, die temporären Stromüberschüsse zu nutzen, ist die Smart-Grid-geführte Wärmepumpe eine der besten Lösungen«, sagt Michael Koch, Referent Politik und Medien vom BWP. Obwohl die Energieversorger noch keine intelligenten Stromzähler mit Preissignalen anbieten, arbeitet der BWP konsequent am Smart Grid Ready-Programm für Wärmepumpen (SG-ready Label). Die wachsende Anzahl an Wärmepumpen werde künftig sowohl positive als auch negative Regelenergie zur Stabilisierung der Netze und zur Verwertung von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien bereitstellen. »Der Anteil an Überschussstrom nimmt von Jahr zu Jahr zu«, sagt Koch. Aktuell sei die Lage auf dem Strommarkt bereits so, dass Überschussstrom aus erneuerbaren Energien an ausländische Netze als sogenannter Geister- oder Wegwerfstrom verramscht werde. Die Rechnung dafür zahle der deutsche Verbraucher über höhere Strompreise. Weit wirtschaftlicher sei es, den Überschussstrom über eine Smart-Grid-Schnittstelle den Betreibern von Wärmepumpenanlagen anzubieten, um Speicher zu beladen. Für einen Smart-Grid-geführten Wärmepumpenbetrieb habe der BWP eine Schnittstelle mit den folgenden vier Schaltfunktionen entwickelt:
  • wärmegeführter Normalbetrieb; die Wärmepumpe läuft mit maximaler Effizienz
  • Abschaltbefehl durch das EVU; dieser sperrt die Wärmepumpe zur Vermeidung von Lastspitzen etwa 3 x 2 Stunden täglich
  • Einschaltempfehlung; dabei überheizt die Wärmepumpe gezielt das Heizsystem und speichert dadurch Wärme in die Bausubstanz, in das Heizsystem oder in den Pufferspeicher ein. Diese Funktion lohnt sich dann, wenn der Strom billiger ist als die Kosten für den Mehrverbrauch an Energie, der sich aus der niedrigeren Energieeffizienz durch die höheren Heiztemperaturen der Wärmepumpe ergibt
  • Einschaltbefehl; dieser startet Wärmepumpe bzw. elektrische Zusatzheizungen. Lohnt sich bei sehr preisgünstigem Strom.
Erste SG-ready-Wärmepumpen wurden bereits auf der ISH 2013 präsentiert. Der BWP habe bisher 20 Label-Anfragen von Wärmepumpenherstellern genehmigt, das entspreche etwa 350 Geräten, Stand 1. April 2013. Der BWP fordert deshalb bessere Rahmenbedingungen durch die Reduzierung von Vergütungen und Abgaben sowie durch den Zugang zum Regelenergiemarkt für sogenannte Schwarmlösungen, also den kollektiven Einkauf von Wärmepumpenstrom durch einen Dienstleister.

Warmwasserspeicher besser als Batteriespeicher

Wie komplex die Strompreisgestaltung und -Entwicklung ist, verdeutlicht der Vortrag von Arno Poehlmann, Lechwerke Augsburg (Bild 3). Seine Prognose: Der Strompreis im öffentlichen Netz wird weiter steigen. Dafür nennt er folgende Gründe:
  • Netzausbau mit bis zu 4000 km Hochspannungstrassen
  • hohe Investitions- und Netzanbindungskosten von Offshore-Windparks
  • Abschaltung aller AKW in Deutschland bis 2022
  • Bau zusätzlicher Kraftwerke zum Ausgleich der Volatilität von PV- und Windenergieanlagen
  • Trend zur Eigenstromerzeugung bei Industrie- und Gewerkebetrieben, da der Brennstoff Gas preiswerter ist
  • Bildung von Energiegenossenschaften zur regionalen Produktion und Vermarktung von Strom und Wärme
  • anhaltende Kostendegression bei PV-Anlagen. Insbesondere Privatkunden werden künftig wegen der einfacheren Genehmigung von Kleinanlagen sowie der Preisvorteile von selbst erzeugtem Strom den Markt anheizen.
Bild 3: Arno Poehlmann: »Überschüssigen PV-Strom über Heizschwerter in Heizungs­anlagen einspeichern.«
Bild 3: Arno Poehlmann: »Überschüssigen PV-Strom über Heizschwerter in Heizungs­anlagen einspeichern.«
Der Stromabsatz der öffentlichen Versorgung werde insgesamt sinken, da bei der dezentralen Stromerzeugung auf dem eigenen Grundstück Netznutzungsentgelt, Offshore-Abgaben, Konzessionsabgabe, Stromsteuer inklusive die anteiligen Mehrwertsteuern entfallen, erklärt Poehlmann. Diese Kosten werden auf die Bezieher von Strom aus dem öffentlichen Stromnetz verteilt. Preistreibend wirke auch die Ausrüstung aller Anschlüsse mit intelligenten Stromzählern und Datenanbindungen.

Durch die unterschiedliche Besteuerung und Abgabenlast bei Strom und Erdgas werde die Wärmepumpe zunehmend unter Druck geraten. »Beim Erdgaspreis haben wir 24 % Anteil an Steuern und Abgaben, beim Wärmepumpenstrompreis dagegen fast 50 %«, erklärt Poehlmann.

Er schlägt vor, PV-Strom aus Privatanlagen möglichst vor Ort für den Antrieb von Wärmepumpen zu nutzen. Dadurch könnten Abgaben und Entgelte gespart und aufwändige Netzausbauten vermieden werden. Anstatt teure Batteriespeicher zu installieren empfiehlt Poehlmann, überschüssigen PV-Strom von der eigenen Anlage sowie preisattraktive Stromangebote aus dem öffentlichen Netz zu nutzen und über Heizschwerter thermisch in Trinkwassererwärmern oder Heizungsanlagen zu speichern. Das sei wirtschaftlicher und leichter steuerbar als Batteriespeicher.

Poehlmann begründet die Pufferung von PV-Strom in Heizungsanlagen so: Ein Batteriespeicher in einem Einfamilienhaus speichert bis zum Abend 5 kWh bis 10 kWh Strom. Weil während der Sommerzeit über Nacht aber nur etwa 2 kWh an Strom verbraucht werde, stehe der Batteriespeicher am anderen Tag – da er noch fast voll ist – nicht als Puffer für die Photovoltaik-Anlage zur Verfügung. Die Pufferung von Photovoltaik-Strom im Heizsystem hätte nach Ansicht von Poehlmann folgende Vorteile:
  • in einem Heizungs-Pufferspeicher mit 500 l Inhalt können bei 30 ° Temperaturdifferenz etwa 17,5 kWh eingespeichert werden
  • eine Fußbodenheizung kann durch 3 ° Temperaturanhebung 25 kWh speichern
  • ein Warmwasserspeicher mit 400 l Inhalt und 45 ° Temperaturdifferenz kann etwa 21 kWh speichern.
Poehlmann plädiert deshalb dafür, den hybriden Heizungssystemen mit Tauchsieder-Funktion mehr Beachtung zu schenken.

»Echt steuerbare Lasten im Haushalt gibt es derzeit nur im Wärmebereich. Mit Preissignalen über intelligente Stromzähler könnten wir als Energieversorger Angebot und Nachfrage auf der Stromseite vor-Ort viel einfacher ausgleichen.« Sein Vorschlag: Bestehende Heizsysteme durch den Einbau von elektrischen Heizelementen mit vergleichsweise geringem Aufwand zu Hybridheizungen umbauen. Auch Kunden ohne Eigenstromerzeugung und Pufferspeicher könnten damit in den Genuss von günstigem Überschussstrom kommen.

Fazit

Auf einen Blick Heizen mit Ökostrom »de« 17.2012 ¬ S. 48

Wärmepumpen für das Smart-Grid »de« 6.2013 ¬ S. 40
Kälteanlagen bieten ein hohes thermisches Speichervermögen, das in intelligenten Stromnetzen zur Lastverschiebung und zur Bereitstellung von positiver und negativer Regelenergie genutzt werden kann. Derzeit existieren jedoch noch keine Tarifangebote, aus denen Geschäftsmodelle entwickelt werden könnten. Zwingend notwendig ist zunächst die Einigung der Gebäudetechnik-Branchen und der Energiewirtschaft auf eine standardisierte Schnittstelle zum Austausch von Daten und zum Empfang von Preissignalen. Steigende Strompreise könnten die Wärmepumpe unter Druck setzen wenn es nicht gelingt, attraktive Strompreisangebote per Smart-Grid-Schnittstelle an den Verbraucher weiterzuleiten. Offen ist die Frage, wann der Markt für Smart-Grid-Lösungen in Gang kommen wird. Im schlimmsten Fall könnte es bis zum Jahr 2022 dauern, denn erst dann werden die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet.
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Über den Autor
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Wolfgang Schmid

Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München

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