Wir als Planungsbüro für elektrotechnische Gebäudeausstattung beziehen uns auf den dreiteiligen Fachbeitrag »Risiko- und Sicherheitsbewertung – Anwendung bei Planung und Errichtung elektrischer Anlagen« in »de« 9.2020, »de« 10-11.2020 und »de« 12.2020. In diesem sehr interessanten Beitrag sehen wir hier grundsätzlich zwei zu beachtende Schwerpunkte, die wir gerne noch vom Autor des genannten Beitrags, Marc Fengel, beantwortet hätten.
Schwerpunkt 1) Zum einen wäre zu klären, wer die Risiko- und Sicherheitsbewertung erstellt und auf welcher Grundlage dies geschehen sollte. In der FAQ-Liste zur DIN VDE 0100-420 von der DKE steht hierzu, dass dies Aufgabe des Planers bzw. des Errichters der elektrischen Anlage sei. Die meisten Elektroinstallationen werden aber in der Praxis ohne ein Planungsbüro erstellt. Der Installateur müsste demnach die Risiko- und Sicherheitsbewertung durchführen. In der FAQ-Liste wird weiterhin auf die Methodik der FMEA (Failure Mode and Effects Analysis, deutsch: Ausfalleffektanalyse) hingewiesen und hierzu auf die DIN EN 60812 verwiesen. Besagte DIN liegt allerdings nur als Entwurf vor und gehört auch nicht zum Normenumfang der Installateurausstattung. Wir zweifeln auch an, dass ein Elektriker für jedes Projekt mit besonderen Risiken eine solche Risiko- und Sicherheitsbewertung erstellen kann.
Der ZVEH schreibt hierzu in einer Veröffentlichung vom Juli 2020: »Der Elektrohandwerker sollte aufgrund des Sicherheitsmehrwertes und der in vielen Fällen einfachen Umsetzung seinen Auftraggeber zum Einbau von AFDD beraten. Grundsätzlich sollte der Auftraggeber zur Beistellung der Risiko- und Sicherheitsbewertung aufgefordert werden. Sollte der Auftraggeber eine Risikobewertung nicht beistellen, so liegt vertragsrechtlich eine Behinderung der Ausführung durch den Auftraggeber vor, welche diesem schriftlich anzuzeigen ist.« Ein Installateur, welcher dem Bauherrn eine Behinderung wegen fehlender Risiko- und Sicherheitsbewertung vorlegt, wird wohl von diesem Bauherrn keinen weiteren Auftrag bekommen.
Schwerpunkt 2) Der zweite Schwerpunkt bezieht sich auf das Erkennen von besonderen Risiken in Räumen und Orten mit brennbaren Baustoffen und Räumlichkeiten mit Schlafgelegenheiten. Schlafgelegenheiten können sich im Wohnungsbau grundsätzlich in jedem Wohnraum befinden. Brennbare Baustoffe gibt es auch sehr häufig im Wohnungsbau. Die Einschränkung »(…)einer geringeren Feuerwiderstandsfähigkeit als feuerhemmend« trifft nur selten zu. Für Dächer besteht nach Baurecht meist keine Brandschutzanforderung. Dachräume mit Holzbalken oder Holzverschalungen fallen demnach in der Regel zu den Räumen mit besonderer Gefährdung. Betrachten wir z. B. Geschossdecken von Gebäuden der Gebäudeklasse 1. Hierbei handelt es sich um
- freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m² und
- freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude.
Hierfür bestehen auch keine feuerhemmenden Anforderungen. Für Dachräume mit Holzbalken, für Holzdecken in Gebäuden der Gebäudeklasse 1 und für Wohnräume wäre demnach immer ein besonderes Risiko festzustellen und eine Risiko- und Sicherheitsbewertung zu erstellen.
Es ist uns nicht verständlich, warum die AFDDs nicht in der Norm explizit in den genannten Bereichen verlangt werden. Und warum können die verlangten Bereiche nicht konkreter benannt werden?
U. G., Bayern